"HÄNSEL UND GRETEL" - 29. Dezember 2013

Ohne Lebkuchenromantik, Engelerscheinungen und belustigenden Hexenritt kam dieses Weihnachtsmärchen der Gebrüder Grimm äußerst realistisch auf die Bühne der Bayerischen Staatsoper. "Es geht um Essen - um die Abwesenheit oder den Überfluß von Essen" so erklärte der Regisseur Richard JONES schon im PProgrammheft seine Inszenierungs-Idee, die er bereits mit der Welsh National Opera in Cardiff so verwirklicht hat, und die so auch von der Bayerischen Staatsoper übernommen wurde.

Er siedelte das Stück in der deutschen Nachkriegszeit an -Schwarzhandel und stets leere Kühlschränke waren die Tagesordnung - und mit Besenbinden war schon seit Hunderten von Jahren wenig Geld zu machen, um für den nötigen Lebensunterhalt einer Familie zu sorgen. Nach dieser ersten Einführung in das kommende Handlungsgeschehen (1. Bild) fand man die beiden Hauptprotagonisten in einer Wald-Traumkulisse wieder, wo selbst die Beeren bei Phantasie-Gestalten gefunden wurden, und wo wiederum statt Traumengelsgestalten Köche mit einer überfüllten Tafel die Kinder im Traum satt machten, so daß sie zwangsläufig zu der Hexe (einer alten Frauengestalt des 20. Jahrhunderts ohne Kopftuch, Stock und Buckelhöker) finden mußten, die in einer überfüllten Küche die hungrigen Kinder durch ihre Kochkünste becircte. Für die Bühne und die passenden Kostüme sorgte einfügend in die Inszenierungsidee von Richard Jones John MACFARLANE.

In den Hauptrollen sah man eine für diese Hosenpartien hervorragend geeignete Tara ERRAUGHT als Hänsel, deren heller Mezzo und ihr schauspielerisches Können an diesem Abend überragend war, ebenso Hanna Elisabeth MÜLLER als Gretel, deren perfekt geschulter Sopran ungewöhnlich ausdrucksbetont ihrem Bruder Hänsel nichts schuldig blieb. Eine Traumbesetzung für diese beiden Rollen.

Wolfgang ABLINGER-SPERRHACKE als Hexe konnte diese Figur stimmlich und darstellerisch sehr gut zeichnen, der Besenbinder von Markus EICHE siedelte diese seine Partie in vielen Passagen öfter mal bei Richard Wagner an, während Sabine HOGRAFE die Mutter sehr gut zeichnen konnte.

Das Sandmännchen von Yulia SOKOLIK kam durch die bewegliche Puppenfigur desselben an ihrem Kostüm beim Publikum sehr gut an, ebenso fügte sich das Taumännchen von Elsa BENOIT sehr schön ein. Beide übernahmen auch noch die Echos, dazu gesellten sich Maria CELENG, Agnes PREIS und Rachel WILSON.

KINDERCHOR und STATISTERIE DER BAYERISCHEN STAATSOPER waren durch Stellario FAGONE, Linda DOBELL und Anjali MEHRA hervorragend einstudiert und choreographiert. Ein modernes realistisches Märchen - nicht nach Gebrüder Grimm - kam da auf die Bühne, was aber Toms HANUS durch seine hervorragende Stabfühung zusammen mit dem BAYERISCHEN STAATSORCHESTER voll ausgleichen konnte, hier war schon mit der Ouvertüre eine vermißte märchenhafte romantische Atmosphäre geschaffen, in der sich Kinder und Erwachsene einfach gerade in den Weihnachtstagen wohlfühlen. I.St.