"L'ELISIR D'AMORE" - 23. Oktober 2009

Die Aufführung in der Bastille war die der schon öfters gesehenen Inszenierung des Teams Laurent PELLY (Regie und Kostüme) und Chantal THOMAS (Bild). Die beiden haben schon mehrere, sehr gelungene Übertragungen in die Jetztzeit geliefert. Die Handlung ist ca. 1950 in Süd-Italien angesiedelt, denn es gibt eine "Trattoria dell'incrocio" im 2.Akt, vor der Dulcamara mit einem alten 10-t Laster auffährt, mit "Elisir Dulcamara" bemalt und zwei auf der Heckwand montierten 100-l-Behältern seines Wundertranks. Die Seitenwände werden aufgeklappt, um sein fahrendes "Laboratorium" zu zeigen. Die Jugend des Dorfes benützt Fahrrad oder Vespa, und Adina kommt auf einem blaues Moped, Nemorino fährt mit einem riesigen alten Traktor - Marke Massey-Ferguson - vor, ein kleiner Hund läuft mehrmals vorne oder hinten quer über die Bühne.

Die beiden Eck-Akte spielen um und auf riesigen Pyramiden von hunderten Strohballen mit einem mobilen Laufband auf Rädern. Nemorino belauert Adina oder schmollt auf Niveau 13 der Strohballen oder vom Laufband. Die Kostüme sind eher schäbig - eben 1950. Die vorzügliche Personenführung ist sehr flüssig und unaufdringlich und die Beleuchtung von Joël ADAM süditalienisch sonnig. Den Vorhang zieren alte Reklamen vom Beginn des 20. Jahrhunderts von Wundermitteln, alle in "Elisir Dulcamara" verwandelt (gegen so ziemlich alle Leiden von Hämorrhoiden über Haarschwund bis Impotenz). Alles großer Spaß!

Dazu kam, daß der Abend musikalisch sehr erfreulich war. Denn diesmal stand am Pult der wohl benamste Paolo ARRIVABENI "qu'e arrivato bene", denn er wußte dem ORCHESTER DER OPÉRA NATIONAL DE PARIS die richtige schwungvolle italianità mitzuteilen, die diese Oper Donizettis braucht, die der Meister von Bergamo in knappen zwei Wochen komponiert hatte! Auch der von Alessandro di STEFANO ausgezeichnet geprobte Chor sang und spielte vortrefflich.

Die Sänger waren ausnahmslos ausgezeichnet. Diesmal sang Anna NETREBKO die Adina und garantierte natürlich enormen Zulauf des Publikums, das nicht enttäuscht wurde, denn sie war absolut fabelhaft, sang mit perfekter Technik ihre Arien und spielte mit kecker Frische und sehr viel Temperament die hochnäsige, reiche Pächterin. Die Lesung der Ballade "della cruella Isotta" war bereits ein Traum an Ausdruck, Charme und gepflegtem Gesang. Ihr Nemorino war diesmal Giuseppe FILIANOTTI, der einen sehr flexiblen tenore di grazia mit prachtvoller Phrasierung besitzt und himmlisch singt, obwohl er bei "Una furtiva lagrima" etwas nervös war. Er spielte die Rolle des jungen, naiven Bauern mit sehr viel Verve und Temperament. Bei der Auseinandersetzung im 2. Akt fliegen die Stühle über die Bühne, bis sich die beiden schließlich in die Arme fallen.

Der Sergeant Belcore in Carabinieri-Uniform war bei George PETÉAN in besten Händen, der den "Zauber der Montur" spielen ließ und ausgezeichnet sang. Hervorragend war das Duett mit Nemorino. Den "Dottore" Dulcamara in wein-rotem Jackett wie sein Zaubertrank, sang diesmal ein ungewöhnlicher Gast, Paolo GAVANELLI, den man eher als Nabucco, Jago oder Macbeth kennt. Was ihn nicht störte eine fulminante Auftrittsarie "Udite, udite, rustici!" zu singen, wo er sich ein paar hohe "G" einlegte. Seine Barcarole an Adina war auch nicht von schlechten Eltern! Er spielte den geriebenen Gauner völlig glaubhaft und bot ein Kabinettstück von Humor. Erfrischend war auch der Auftritt von Jaël AZZARETTI als Ginetta, die charmant den Tod von Nemorinos Onkels und die zu erwartende Erbschaft mit "Non fatte strepito" den Mädchen des Dorfes als "großes Geheimnis" verkündete.

In drei der sieben Vorstellungen dieser Aufführungsserie sangen in der 2. Besetzung Tatiana Lisnic und Charles Castronovo das Liebespaar. Auch nicht übel ….

Viel Prominenz war anwesend und klatschte in dieser triumphal empfangenen Vorstellung. wig.