„BÉATRICE ET BÉNÉDICT“ - 30. März 2003

Berlioz‘ letzte Oper wurde 1862 in Baden-Baden uraufgeführt. Auf Shakespeares “Viel Lärm um nichts” beruhend, hat Berlioz selbst das in Messina spielende Libretto geschrieben. Nach seinen historischen Fresken “Les Troyens” und “Benvenuto Cellini”, sowie seinem dramatischen Oratorium “Fausts Verdammnis” ist “Béatrice et Bénédict” eine Opéra comique, d. h. der Fortschritt der dramatischen Handlung wird durch den etwas langen gesprochenem Text bewirkt; selbst eine Sprechrolle gibt es, und mehrere Sänger haben nur kurze musikalische Passagen zu singen. Die Damen, Hero, Béatrice und Ursula, sowie der Tenor, Bénédict, sind musikalisch am besten dran. Musikalisch ist die zweiaktige Oper ganz im Sinne und der Tradition der Opéra comique, mit einigen prächtigen, sehr sensuellen Arien, hübschen Couplets und sehr gelungenen, romantischen Duetten und Ensembles. Natürlich hat der Gitarre spielende Berlioz sein Lieblingsinstrument an mehreren Stellen eingesetzt.

Nach der Rückkehr von General Don Pedro und den beiden Offizieren Claudio und Bénédict als Helden von einer gewonnenen Seeschlacht gegen die Türken steht der Hochzeit Heros mit Claudio nichts mehr im Wege. Die beiden Titelhelden Béatrice und Bénédict sträuben sich gegen die Ehe (und die Liebe), die sie als Sklaverei ansehen. Alle Freunde und die ganze Verwandtschaft komplottieren, um die beiden zu verkuppeln. Die Intriganten munkeln, daß die beiden Turteltauben gegenseitig ineinander verliebt seien. Béatrice geht schließlich in die Falle, die ihr Cousine Hero, Ursula und Léonato stellen, ebenso wie Bénédict in die von Claudio, Don Pedro und Leonato gestellte. Schließlich gibt es eine Doppelhochzeit und ein Happy End! Make love not war!

Die Produktion wurde aus Lausanne importiert (wie bereits einige sehr gelungene andere vorher in Bordeaux). Wie in vielen Reiseinszenierungen sind die Bühnenbilder (Jean-Marie ABPLANALP) auf das Wesentliche beschränkt. Eine Wand mit einem Blumenstrauß in einem Fenster wird mit einem Brunnen, Bett, Zaun oder drei hölzerne Badewannen ergänzt oder durch ein kleines Häuschen und am Ende durch ein riesiges rosarotes Chrysler-Coupé ersetzt. In diesem spärlichen Rahmen führen Jean-Marie VILLEGIER (bekannt durch seine prachtvollen Inszenierungen von Barockopern) und Jonathan DUVERGER Regie und lassen die durchwegs ausgezeichneten Sänger sich entfalten. Vor allem für die Damen hat Patrice CAUCHETIER wunderbare Kostüme entworfen: das schulterfreie, schwarze Kleid Béatrices und das weiße Heros, beide mit atemberaubenden Dekolletés sind prachtvoll. Nathalie van PARYS choregraphierte das kleine Ballett des Traums Béatrices. Bruno BOYER beleuchtete passend.

Bereits in der Ouvertüre hört man ein Zitat aus “Harold en Italie”, das den italienischen Rahmen andeutet. Nach der “Sicilienne” der Rückkehr der Helden, singt die blendend aussehende Mireille DELUNSCH als Hero himmlisch ihre große Eingangsarie “Je vais le voir”.

Die ständigen Sticheleien zwischen den Titelhelden beginnen gleich darauf in dem animierten Duett “Comment le dedain pourrait-il mourir?” Béatrice verbindet dabei Bénédicts verletzten Finger. Die Streiterei geht bis zum Schluß, wo die beiden aus lauter Gekeife fast zur Hochzeit Heros und Claudios – sie sind die Trauzeugen - zu spät kommen und sich gegenseitig helfen müssen beim Umziehen. Die bildschöne Béatrice URIA-MONZON als Béatrice besitzt einen prachtvollen Mezzo, den sie mit Gefühl und sehr viel Temperament einsetzt.

Eine Augen- und Ohrenweide. In ihrem prachtvoll gesungenen Ausbruch “Je l’aime donc” streckt sie die Waffen. Gilles RAGON lieh seinen schönen, wunderbar geführten Tenor (er ist ein Barock-Spezialist) dem Offizier Bénédict, der von seinen Kumpanen an der Nase herumgeführt wird. Blendend die Szene, in der die drei in hölzernen Badewannen sich über die kommende Hochzeit Heros und die Frauen im Allgemeinen unterhalten. Ausgezeichnet gesungen und gespielt war sein animiertes Rondo “Ah, je vais aimer”, wenn er feststellt, daß er “umfällt”.

Das darauf folgende subtile Notturno- Duett des 2. Akts “Nuit paisible et sereine” zwischen Hero und Ursula mit der ausgezeichneten jungen Elodie MECHAIN, erinnert in der Subtilität an das Abschiedsterzett in “Cosi fan tutte” und war ein Höhepunkt des Abends. Ebenso überzeugend war das Terzett der drei jungen Damen “Et ton epoux restera ton amant”. Claudio war der junge Ivan LUDLOW mit warmem Bariton und gutem Aussehen, der die schöne Hero heimführte. In den kleineren Rollen waren Jérôme VANIER als Don Pedro, Alain TRETOUT als besorgter Familienvater Léonato rollendeckend, ebenso wie Jean SEGANI als polternder Somarone, der sein Trinklied (mit Gitarrenbegleitung) passend sang. Alles endete in einen kurzen, lebendigen Finale mit beiden Paaren verheiratet im rosaroten Straßenkreuzer: “L’amour est un flambeau”. Alle fotografieren die beiden Paare.

Das ORCHESTRE NATIONAL BORDEAUX-AQUITAINE unter Jean-Yves OSSONCE brachte für die sympathische Partitur sehr viel Liebe und Stilgefühl auf. Nur anfangs war ein wenig Unsicherheit in den Streichern zu hören, und der Hornist kiekste. Der wie immer verlässliche CHOR der Oper (unter Jacques BLANC) sang fröhlich und vergnügt. Viel Applaus für den sehr angenehmen, gelungenen und sympathischen Nachmittag. wig.