EDITORIAL VOM 22. JUNI 2004

Liebe Leser,

nicht nur in Deutschland gibt es Probleme zwischen Intendanten und der Stadverwaltung. Zwei Tage vor der mit großem Interesse erwarteten Premiere von Meyerbeers “Les Huguenots”, trat der Intendant der Städtischen Oper in Metz, der bekannte englische Mozarttenor Laurence DALE, zurück. Der seit nur anderthalb Jahren wirkende künstlerische Leiter hatte durch eine sehr ambitionierte Programmierung internationales Interesse erregt.

So hatte er die Saison (benannt “Les jeux du pouvoir” – “Die Spiele der Macht”) mit zwei Opern auf das selbe Libretto eröffnet: Verdis “Gustavo III” (franz. EU der Erstfassng von “Maskenball”) und Aubers “Gustave III” (seit 130 Jahren nicht mehr gespielt); weiters Cherubinis “Medea” in der französischen Version, “Powder her face” von Thomas Ades (mit Sally Silver, die die Oper uraufgeführt und weltweit gespielt hatte), Webers “Freischütz” und Meyerbeers Hauptwerk, “Les Huguenots” (seit mindestens 50 Jahren in Frankreich nicht mehr gespielt), plus vier Operetten, zwei Ballette und acht Theaterstücke.

Dale fand bei der Vorbereitung für die am 9. Juni 2004 anberaumte Pressekonferenz, bei der er die Saison 2005-2005 vorstellen wollte, daß die von ihm geplante Aufführung von Saverio Mercadantes “I Horaci e i Curiaci” gestrichen und durch eine acht Jahre alte, aus Avignon importierte, Produktion von “Tosca” ersetzt worden war.

Der Kulturstadtrat Patrick Thill gab “zurückgehende Zuschauerzahlen und finanzielle Probleme” als Grund für diese Änderung an. Es ist allerdings zweifelhaft, daß eine viertklassige Aufführung von “Tosca” (für eine erstklassige Besetzung hat die Stadt natürlich nicht das Geld) mehr Zuschauer anlocken wird, als die von mir besuchte zweite Aufführung am 8. 6., die rammelvoll war, u.a. mit Besuchern aus Deutschland, der Schweiz und USA.

Laurence Dale ist der dritte Intendant des Theaters Metz in fünf Jahren, der aus Meinungsverschiedenheiten mit der Stadtverwaltung zurücktritt. wig.