"DER FLIEGENDE HOLLÄNDER" - 15. Juni 2006

Nach Wels kommen jene Musikliebhaber, Wagnerliebhaber, die Opern so sehen wollen, wie eigentlich Wagner sich die szenische Umsetzung vorgestellt hat. Es kommen ausländische Gäste, es kommen Gäste aus dem Raum Bayreuth, die Oper in einer Form sehen wollen, die verständlich ist, die ohne Verfremdungen auskommt. Und das ist seit vielen Jahren in Wels gewährleistet.

Daß man in Wels Oper in verständlicher Form präsentiert, heißt aber nicht, daß es sich um verstaubtes Theater handelt. Der Regisseur Herbert ADLER und der Bühnenbildner Dietmar SOLT kombinieren gekonnt Tradition und moderne Technik. Es gibt auf der kleinen Bühne Dalands und des Holländers Schiff mit den blutroten Segeln. Das Meer, die Gewitterstimmung, werden bereits in der Ouvertüre auf der Leinwand projiziert, vermitteln Stimmung und sind in perfekter Harmonie mit der Musik. Es war eine Freude, weder mit unerklärbaren Kofferträgern, SS-Uniformen und anderen verfremdenden Auswüchsen der modernen Regisseure konfrontiert zu sein. Der Zuschauer konnte somit die volle und ungeteilte Aufmerksamkeit den Sängern und der Musik widmen.

Das SALZBURGER MOZARTEUM ORCHESTER unter Ralf WEIKERT musizierte unterschiedlich. Ouvertüre und auch manche Passagen im 1. Akt klangen etwas unrund, erst im zweiten und dritten Akt kam es zu einem harmonischen Klangbild. Auch der HERRENCHOR war im ersten Akt noch sehr unsicher. Mit dem zweiten Akt war aber alles auf der richtigen Linie, der DAMENCHOR sehr harmonisch und genau in den Einsätzen.

Die Gesangsolisten boten allesamt gute , einige sogar exzellente Leistungen. Allen voran Hans SOTIN als weltweit erprobter Daland, stimmgewaltig und in der Darstellung ein rollengerechter Vater. Susan ANTHONY war eine brillante Senta. Stimmlich verfügt sie über ausreichend Durchsetzungskraft und in der Darstellung ist sie leidenschaftlich und glaubwürdig.

Svetlana SERDAR als Mary erfreute mit ihrer frischen Stimme und guten Diktion. Der Steuermann Norbert ERNST gab der Rolle mit seiner hellen Stimme Charakter. Arnold BEZUYEN, der Erik des Abends, bemühte sich in der Darstellung intensiv um Senta, die Stimme klang aber nicht immer ausgeglichen.

Der Titelheld selbst, Hartmut WELKER, war darstellerisch überzeugend, gesanglich ist aber der Auftritt im ersten Akt nicht optimal ausgefallen. Im weiteren Verlauf hat die Stimme wieder an Kraft gewonnen, und das Duett mit Senta war sehr spannungsgeladen.

Der Gesamteindruck des Abends war vor allem durch die szenische Aufbereitung sehr positiv, die gesanglichen Unebenheiten führe ich zum Teil auf die Premierennervosität zurück. Der Applaus war intensiv, aber nicht besonders ausdauernd.

Wenn man gutes Operntheater erleben möchte, dann wird man in Wels nicht enttäuscht. Ein gewisser negativer Aspekt ist der kleine Rahmen für die wuchtige Musik (obwohl sich an der Bequemlichkeit und Beinfreiheit der Sitze manch großes Haus ein Beispiel nehmen könnte) und die hohen Preise. Aber Qualität hat eben seinen Preis. Die Vorstellungen sind immer restlos ausverkauft und das schon Monate im Voraus.

Für 2007 hat man drei Vorstellungen im Mai angesetzt (17., 20. und 22.), um der starken Nachfrage Rechnung zu tragen.

Nachdem man sich bereits in der haute cuisine auf traditionelle Speisen besinnt, ist es wohltuend, daß es in der Kultur auch einen derartigen Trend, eine Gegenströmung gibt, wenn auch nur ein Mal im Jahr. EH