RECITAL LEO NUCCI - 15. Januar 2007

Das Recital, welches aus Anlaß des dreißigjährigen Scala-Jubiläums Leo NUCCIs gegeben wurde, bot einen Querschnitt seiner Partien an diesem Haus, enthielt also neben dem leider unvermeidlichen "Largo al factotum" als Auftrittslied (fast) alle wichtigen Bariton-Reißer von Donizetti bis Puccini mit einem Schwerpunkt auf seinen Verdi-Glanzrollen.

Gleichzeitig brachte es den großen Pluspunkt dieses Sängers zutage. Leo Nucci besitzt nicht die schönste Stimme seines Fachs, ist aber ein begnadeter Schauspieler, dem es wichtig scheint, die Gedanken und Gefühle der jeweiligen Figur punktgenau dem Zuschauer vor Augen zu führen. Mühelos wechselte er dabei die Charaktere, war herrlich selbstironisch ein gockelnder Belcore ("Come Paride vezzoso"), wo er kurz zuvor ein furchteinflößendes "Cruda, funeste smania" gesungen hatte.

Damit - wie mit den langanhaltenden Schlußtönen (Stimmprotz pur) - traf er den Nerv seiner Fans, die ihm an diesem Abend egal ob für Macbeth, Renato, Jago, Gianni Schicchi, Luna oder Carlos di Vargas beinahe ekstatisch feierten.

Dazwischen gab es für das nicht-italienische Ohr beeindruckend lyrische Momente wie z. B. "O vecchio cor" ("I due Foscari") oder ein wunderschön phrasiertes "Per me giunto".

Der langanhaltende Applaus wurde mit vier Zugaben belohnt. Die Arien von Giorgio Germont und Carlo Gerard, beides Partien, die Leo Nucci bisher nicht an der Scala gesungen hat, dazu der ebenfalls unvermeidliche, aber schön gesungene Tosti-Song ("Non t'amo piu") und "Mamma", bei welchem der Bariton die Zuschauer zum Mitsingen des Refrains animieren konnte - und man muß sagen, daß das Scala-Publikum besser klang und mehr zusammen war als so mancher Opernchor, den ich bisher gehört habe.

Oper mit Klavierbegleitung ist immer so eine Sache, und es ist überlegenswert, ob ein Flügel u. U. für Rossini-, Donizetti- und frühe Verdi-Opern nicht einen viel zu kräftigen Klang hat.

In jedem Fall bedarf es aber eines sensibleren Begleiters als es James VAUGHAN war, welcher einen recht harten Anschlag besitzt, meist viel zu laut spielte und sich in keiner Weise Tempiwechseln oder anderen gesanglichen Variationen anzupassen vermochte. Daß er mehrere Male daneben griff, war da nur ein weiteres Manko.

Noch eine kleine Bemerkung zum Schluß. Sowohl auf der Scala-Website, als auch im Programmheft (sowie auf dem Plakat) ließ sich folgendes lesen: "Pieta, rispetto, onore." Leo Nucci sang an jenem Montagabend dann aber doch verdikonform: "Pieta, rispetto, amore." AHS