"DON CARLOS" - 21. Dezember 2008

Mit einer ansprechenden, zeitgerechten und durchdachten Wiederaufnahme der Inszenierung (Regie David McVICAR, szenische Leitung Fabian von MATT) von Giuseppe Verdis Meisterwerk in der französischen Fassung "Don Carlos" überraschte die Oper Frankfurt. Das Bühnenbild von Andrew GEORGE ging voll auf die verschiedenen Charaktere der einzelnen Schillerschen Figuren ein, die eingesperrt in die Enge der damaligen höfischen Welt nach dem spanischen Hofzeremoniell dies in einem grauen bis zur Höhe der Bühne reichenden Sandsteingebilde ausleben mußten. Das erzeugte bereits zu Beginn im Fontainebleau-Akt die nötige Spannung zum kommenden weiteren Handlungsgeschehen, da das Bühnenbild für die einzelnen Szenen durch die heutige Bühnentechnik immer wieder verändert werden konnte.

Das überragende Dirigat von Stefan Anton RECK trug wesentlich mit seiner dem Kompositionsgedanken Verdis voll entsprechenden Stabführung zur Spannung der Handlung bis zum Schluß der Oper bei. Die meisten der Protagonisten kamen aus dem Ensemble der Frankfurter Oper, ein Glücksfall für dieses Opernhaus, hier solche Stimmen zu haben oder gehabt zu haben.

Allen voran der Träger der Titelrolle, der Koreaner Yonghoon LEE mit einer außergewöhnlichen Italianitá (diese findet man selten bei fernöstlichen Sängern) und prägnanten Höhe, ihm zur Seite als Elisabeth von Valois Elza van den HEEVER mit kräftigen und ausdrucksvollen Pianohöhen. Zeljko LUCIC als Posa, der sich unter seinen alten Kollegen sichtlich wohl zu fühlen schien, war in "väterlicher" Rollengestaltung und ihm eigenen wohlklingen Baritontönen (eindrucksvoll der Tod des Posa) zu erleben, der noch junge Bassist Bálint SZABÒ als Philipp mit noch jugendlichen Baßtönen (in einigen Jahren wird er den Philipp wirkungsvoller erbringen können) und eine bestdisponierte Michaela SCHUSTER, die als Eboli verführerisch und intrigant diese Rolle darstellen konnte.

Der Großinquisitor von Gregory FRANK konnte nicht besser dargestellt und gesungen werden, die Stimme von oben Brenda RAE konnte ihre Aufgabe mit wundervollen Soprantönen sehr gut erfüllen. Ein Mönch (Carlo V.) und der Page Tebaldo, gesungen von Simon BAILEY und Paula MURRIHY, fügten sich sehr gut in das Ensemble ein, ebenso die flandrischen Deputierten Sungkon KIM, Jan POLESKI, Yurly TSIPLE, Florian ROSSKOPP, Gaku SUMIDA sowie Dong-Jun WANG, deren Sextett des Begehrens der Flandern nach Freiheit und Selbstregieren zu einem Höhepunkt des Freiheitsdenkens wird und immer ein Höhepunkt der Oper vor der Pause darstellt.

Das Autodafé erschien wohl gelungen, leider war nicht ganz zu verstehen, warum die Ketzer ihrer Verbrennung, vor der Rampe kniend, zusehen mußten. Der Tod des Carlo am Ende der Oper entgegen der sonstigen Entrückung durch Karl V. erschien sehr durchdacht, da der historische geistesschwache Carlo mit 23 Jahren verstarb (beeindruckend die Darstellung der Todesszene durch Bálint Szabó und Yonghoon Lee). Eine vorweihnachtliche unvergessene Freude für einen "Don Carlos"-armen Münchner Opernbesucher. ISt