"DIE ZAUBERFLÖTE" - 9. Juli 2010

Nach Erl zum Festspielsommer zu reisen, stellt für Opernbesucher immer wieder ein Erlebnis dar. Gerne nimmt man die umständliche Bahnreise aus München in Kauf, um außergewöhnliche und doch sehbare Inszenierungen zu erleben, die immer durchdacht sind und keinerlei Veränderungen der zu erzählenden Opernhandlung vorgenommen haben. An diesem Abend war es Mozarts letztes Bühnenwerk "Die Zauberflöte", das werkgerecht und musikalisch hochkarätig durch den Leiter des Festivals Gustav KUHN auf die kahle karge Bühne ohne Kulissenbeiwerk interpretiert wurde.

Gustav Kuhn zeichnet sich auch durch eine außergewöhnliche Orchesterplazierung aus, in dem er das Orchester stets hinter das Handlungsgeschehen setzt, seine Einsätze für die Protagonisten erfolgen durch Einsicht derselben in vor der Bühne befindliche Monitore, so daß er dadurch eine besondere reizvolle Klangfülle schafft, die besonders bei dem Werk Mozarts zum Einsatz kam. Die vermißten Kulissen ersetzten bravourös die Erler KINDER, die sich sogar als die "böse Schlange" im 1. Bild bewegten, und die sich im Laufe des Abends auch als die sogenannte Kulissenschieber betätigen konnten. Diese Kinder waren überhaupt der Mittelpunkt dieser Produktion, da man vorweg, wie das Programmheft ausweist, rund 3000 Kinder und Jugendliche aller Schultypen eingeladen hatte, sich mit dieser Oper auseinanderzusetzen, und die selbst Kostümfigurinen (Papageno u. Co.) aufzeichnen durften. Aus diesen 400 Zeichnungen konnte die Kostümbildnerin Lenka RADECKY zusammen mit Gustav Kuhn Inspirationen für dieses Werk übernehmen. Die Kostüme waren durch diese Figurinen annähernd traditionell entworfen.

Die Inszenierung wurde vom Intendanten und musikalischen Leiter Gustav Kuhn selbst, wie alljährlich, übernommen und zusammen mit dem Vizeintendanten, Regisseur und Dramaturgen Andreas LEISNER bestens auf die Bühne gebracht. Spannend und in präziser Orchesterleistung wurde die "Zauberflöte" erzählt. Die Regie hatte auch noch eine für uns befremdliche, aber doch werksgerechte Idee, die Rolle des Sarastro im Sprechtext mit einer Frau, der Schauspielerin Brigitte KARNER, und in den gesanglichen Texten mit der profunden Baß-Stimme von Pavel SHMULEVICH zu besetzen, sozusagen den allgewaltigen priesterlichen Freimaurerfürsten Sarastro als Zwitterwesen auf die Bühne zu bringen, auch könnte man meinen, er schuf sich, weil im Rollstuhl befindlich, eine weibliche Nachfolgerin schon zu Lebzeiten. Eine etwas merkwürdige, aber doch sinnvolle Regie-Idee, obwohl man sich doch lieber einen kraftvoll männlichen Sarastro auf der Bühne in Zukunft erwartet.

In der Sängerauswahl hatte man im Großen und Ganzen eine glückliche Hand, zumal die meisten der Protagonisten aus der Accademia di Montegral stammten, die Gustav Kuhn in Italien für seine Sänger sozusagen als Fortbildungsseminar eingerichtet hat. In der Reihenfolge des Programmzettels erlebte man eine Pamina von Anett FRITSCH mit hervorragender Stimmdisposition mit unglaublich reinen Pianihöhen, einen ausdrucksvollen Sprecher von Oskar HILLEBRANDT, einen leider zu wenig lyrisch singenden Michael BABA als Tamino (der im übrigen seine "Zauberflöte" im Orchester suchte), eine höhensichere Cigdem SOYARSIAN als Königin der Nacht mit ausgefeilten Koloraturen und einen ausreichend singenden Monostatos von Wolfram WITTEKIND. Eine Glanzleistung in der Stimmharmonie ist von den drei Damen Cornelia HORAK, Anahita AHSEF und Martina TOMCIC erbracht worden.

Den Vogel an diesem Abend schoß Johannes SCHMIDT als Papageno ab, humoristische Darstellungsfähigkeit und absolute Ausdrucksstärke in seinen gesanglichen Darbietungen machten ihn zum Mittelpunkt, zumal er mit samt seiner Papagena Silga TIRUMA schon allein durch die Kostüme eine Besonderheit war. Die Priester waren mit Markus HERZOG und Michael DOUMAS ausreichend besetzt, während es eine Freude war, als drei Knaben drei ausgesuchte, hervorragend singende fernöstliche Damen in annähernden Kostümen zu erleben, die da waren Michiko ECHIGOYA, Michiko WATANABE und Misaki ONO. Man kann wirklich die bei "Zauberflöten"-Aufführungen eingesetzten Knabenstimmen, oft indisponiert, für diese Rollen nicht mehr hören. Auch die beiden Geharnischten Rouwen HUTHER und Dirk ALESCHUS taten ihr Bestes.

So wird diese Aufführung, schon allein durch die Erler Kinder (Volksschule Kematen und ihren Lehrern) immer wieder zu einem Erlebnis werden, und die Touristen aus allen Ecken anziehen können. I.St.