"TANNHÄUSER" - 8. Juli 2011

Zu einem Kleinbayreuth entwickelt sich das Mini-Örtchen in Tirol Erl, das auch in diesem Jahr wieder so gängige Richard-Wagner-Opern wie "Tannhäuser", "Die Meistersinger von Nürnberg" und "Parsifal" im Programm hat. Hier ist der "Tannhäuser" zu besprechen, dessen Interpretation durch Gustav KUHN nicht klangschöner hätte wiedergegeben werden können. Man führte die Pariser Fassung 1861 auf.

Durch die schon jahrelang durchgeführte Plazierung des Orchesters im hinteren Bühnenteil, die man so nur in Erl erleben mag, wird eine ganz besondere Klangfülle erzeugt, die eine Oper, gerade von Richard Wagner, noch präziser herüberbringen kann, hier wird kein Ton verwischt. Mit sechs Harfen und sechs mittelalterlich geformten Stühlen eine Sängerhalle zu erzeugen, den Venusberg mit einer Art liegendem blauen Sonnensegel darzustellen (allerdings waren hier die Bacchantinnen zu brav gekleidet), Elisabeth im Gebetsstuhl sitzend in die Ewigkeit eingehen zu lassen, das sind bravouröse Regie-Ideen, die absolut mit der Musik konform gehen, und man nutzte die verkleinerte Bühne (Folko WINTER) voll aus. Die Kostüme (Lenka RADECKY) waren dem angedeuteten Mittelalter in Rot und viel Gold ausgestattet; was allerdings die grünen Hutgebilde der Gäste auf der Wartburg ausdrücken sollten, war nicht zu erkennen.

Zudem enthielt diese Inszenierung, die ganz auf Liebe und Erlösung ausgerichtet war (Schlußszene) u.a. einige weitere gute Einfälle, so im 2. Akt das Festhalten aller Minnesänger bis auf Tannhäuser an der Gotteserleuchtung (Kronleuchter), um sich der reinen Liebe zu ergeben. Die Sängerinnen und Sänger der Accademia di Montegral, die Gustav Kuhn ins Leben gerufen hat, um sich ein ausgezeichnetes Sängermaterial zu formen, bestritten diesen Abend und waren teilweise in guter Abendform.

Die schwierige Titelpartie, an der viele Tenöre zu knabbern haben, sang der mexikanische Tenor Luis CHAPA, der seine Partie nicht akzentfrei, aber mit guter Höhe sang. Für die Verdipartie des Otello allerdings könnte man sich für diese Stimme mehr erwärmen. Da Richard Wagner wie auch hier seine Libretti selbst schrieb und mit einem heute kaum noch gebräuchlichen Text versah, spielte es keine Rolle, daß Frau Venus Mona SOMM ihre Partie zwar sehr gut, aber wenig textverständlich, sang.

Der ganz in Gold auftretende Landgraf Hermann von Thomas GAZHELI war rollengerecht gestaltet und gesungen, während den absoluten Vogel des Abends Michael KUPFER als Wolfram von Eschenbach abschoß. Sein warmer und vollendet geschulter Bariton stach während des ganzen Abends hervor und brachte sein ausdrucksbetontes Lied an den Abendstern zum Höhepunkt des Abends. Die Rolle der Elisabeth sang Arpiné RAHDIJAN rollengerecht, leider neigt diese Stimme etwas zum Forcieren, deshalb kamen manche Töne zu schrill herüber.

Den jungen Hirten ließ Gustav Kuhn glücklicherweise anstelle der sonst gelegentlich diese Partie verkörpernden Knabenstimme von einer stimmschönen Sopranstimme gestalten, nämlich Michelle BUSCEMI, was dieser Rolle musikalisch nur förderlich erscheinen mag. Die Sängergilde Biterolf von Julian ORLISHAUSEN, Reinmar von Zweter Michael DOUMAS, Heinrich der Schreiber Wolfram WITTEKIND, Walther von der Vogelweide Ferdinand von BOTHMER (möge man ihn doch weiterhin in größeren Rollen hören und sehen) und die vier Edelknaben, wiederum die weiblichen Stimmen von Chiara ALBANO, Helena LACKNER, Luano MAIORANO und Irene RIPA fügten sich sehr gut ein.

Besonders ist die sehr gut gespielte Harfe von Antonio OSTUNI zu erwähnen, der noch dazu in der stummen Rolle eines Schutzsuchenden am Schluß in den Armen von Elisabeth mitwirkte. Die CHORAKADEMIE DER TIROLER FESTSPIELE ERL unter der Leitung von Marco MEDWED verkörperte Pilger und Festgäste auf der Wartburg und integrierte sich bestens in das Handlungsgeschehen. Was mag Gustav Kuhn nebst Vizeintendant Andreas Leisner (der im übrigen hier als Dramaturg arbeitete) fürs nächste Jahr einfallen, um dieses ländliche Kleinod noch weiter auszufeilen? I.St.