"LOHENGRIN" - 28. Juli 2012

Die Tiroler Festspiele Erl unter seinem musikalischen Leiter Gustav KUHN, der hier auch zugleich die Regie übernommen hatte, sind immer ein Garant für hervorragende Aufführungen gerade für Richard-Wagner-Opern, da Erl mittlerweile den Ruf eines 2. Bayreuth hat. Viele Richard-Wagner-Freunde lassen den grünen Hügel links liegen (warum wohl?) und reisen in dieses ländliche Kleinod, um diese Aufführungen zu genießen. Gustav Kuhn schafft mit seinem hinter der Bühne postierten ORCHESTER und mit seinem darauf abgestimmten persönlichen Dirigierstil einen vollendeten Richard-Wagner-Klang, bei dieser Oper fast aus der Sphäre kommend, und entspricht hiermit voll dem Kompositionsgedanken von Richard Wagner.

Ebenso kann hier die Bühne (Jan Hax HALAMA) durch ihre Schlichtheit und wenig Requisiten voll auf die Musik einstimmen. Die Kostüme von Lenka RADECKY sollten vom Mittelalter an durch die Jahrhunderte führen und entsprachen wohl dem Gedanken des Regisseurs, daß die "Lohengrin" Handlung auch in die Jetztzeit paßt, König Heinrich erschien im goldenen Gehrock und Krawatte. Leider fanden aber doch einige Ungereimtheiten nicht so ganz ihre Publikumszustimmung, wie Lohengrins Auftritt mit einem schwarzen Schwan wohl aus dem Ballett Schwanensee entnommen (Claudia CZYZ) sowie auch die Kinderschar von Erl, die in Tüllkleidchen und Frack Elsa und Lohengrin in ihr Brautgemach zu begleiten, dadurch stört man den musikalischen Höhepunkt vor der Brautgemachszene erheblich. Kitsch sollte bei einer solch sonst bravourösen Inszenierung nicht Einzug halten.

Die Sängerriege des Abends (alle Sängerinnen und Sänger sind Mitglieder der von Gustav Kuhn ins Leben gerufenen Accademia di Montagral) konnte nicht besser gewählt sein bis auf Andrea SILVESTRELLI als König Heinrich, der die Erwartungen dieser Rolle nicht so ganz erfüllen konnte, zu viele unnötige piani waren im Einsatz. Lohengrin mit der sehr jungen Tenorstimme von Alex BRISCEIN zu besetzen, war eine sehr gute Wahl, volle und doch weiche Tenortöne erklangen hier mit einer sehr guten Bühnenpräsenz ausgestattet, ihm zur Seite eine präzise singende Susanne GEB als Elsa, die ihre Stimme für diese mädchenhafte Frauenrolle hervorragend färben konnte.

Den Vogel des Abends schossen Thomas GAZHELI (im Kostüm eines Rokoko-Edlen) als Telramund und Elena SUVOVORA ab, letztere mit hervorragend geschultem weichen dramatischen Mezzo. Beide Stimmen waren bestens aufeinander abgestimmt, besonders in der Szene des 2. Akts konnte man diese stimmliche Übereinstimmung erkennen, wobei zu sagen ist, daß sich Thomas Gazheli mit seinem lyrisch-kräftigen Bariton immer mehr zu einem ausgezeichneten Richard-Wagner-Sänger entwickelt. Zu beiden gesellte sich Thomas KUPFER in einer baritonalen Bestleistung als Heerrufer.

Die brabantischen Edlen Joe TSCHUZIAKI, August SCHRAM, Frederik BALDUS und Michael DOUMAS konnten sehr gut in ihre Aufgabe einfügen. Die CHORAKADEMIE DER TIROLER FESTSPIELE ERL, in mittelalterliche Gewänder gehüllt, unter der Leitung von Marco MEDVED sorgte in Zusammenarbeit mit der CAPELLA MINSK und der Leitung von Ljudmila EFIMOVA für eine hervorragende Chorinterpretation. Vier weibliche Edelknaben (Chiara ALBANO, Helena LACKNER, Luana MAIORANO, Irene RIPA) rundete den Reigen der kleineren Rollen gut ab.

Leider mußte man nach einer exzellent gesungenen Gralserzählung das Theater wegen der schlechten Verkehrsanbindung von Erl nach München verlassen, da auch das Ende der Oper im Programm anstelle von 22.30 Uhr mit 22.15 Uhr angegeben war. Der Festspielleitung von Erl wäre daher anzuraten, den Beginn der Oper nach vorne zu schieben (statt 18.00 Uhr 17.00 Uhr) oder für einen Shuttle-Bus zu sorgen. ISt