"NABUCCO" - 29. Dezember 2012

Verdis Freiheitsoper feierte im Neuen Festspielhaus in Erl eine wahre Auferstehung in einer durchdachten Inszenierung von Andreas LEISNER, die nicht nur eine sehr gute Personenregie aufwies, sondern auch die sonst kahle Bühne nur durch bewegliche Gitterstäbe in ein jüdisches Zeltlager und Tempel sowie babylonische Königssäle verwandelte. Mehr Requisiten sind auch gar nicht nötig, um die Handlung der Oper geistig vor Augen zu haben, zumal auch die nostalgischen Kostüme von Lenka RADECKY dazu ihr sinnvolles Übriges taten. Dieses Neue Festspielhaus, äußerlich in dunkelgrau gehalten, ist ein durchdachter großräumiger Bau (scherzhafterweise wird er Tarnkappenbomber genannt), in dem man sich beim Eintreten schon wohlfühlen kann. Der Saal hat eine hervorragende Akustik auf jedem Platz, so daß der Hausherr Gustav KUHN mit seinem ORCHESTER (dieses Mal hat man an einen Orchestergraben gedacht) seine gewohnte und doch neu erscheinende Klangfülle aufwies.

Für Verdis erste erfolgreiche Oper, die während der österreichischen Besatzung Italiens entstand und durch seinen Gefangenenchor zur insgeheimen Nationalhymne Italiens wurde, hatte der Chef des Hauses Gustav Kuhn nicht nur durch seine präzise notengenau dirigierte Ouvertüre auf einen glanzvollen Opernabend eingestimmt, sondern aus seinen Sängern und Sängerinnen der Accademia di Montegral eine Bestwahl getroffen, denen er eine hervorragende Sängeruntermalung geboten hat.

Als Nabucco erlebte man an diesem Abend Thomas GAZHELI, der sonst meist für Richard-Wagner-Partien eingesetzt wird, und der sich wohl in dieser Rolle selbst übertraf, indem er die Titelpartie mit einer ausgezeichneten kräftigen Italianitá ausstattete, lediglich bei der letzten Arie "Dio di Giuda" waren winzige Stimmanstrengungsmerkmale zu bemerken, alles in allem schien er für diese Rolle eine Idealbesetzung. Der sonst etwas farblos erscheinenden Rolle des Ismaele konnte Alessandro LIBERATORE mit ausgezeichneten Tenorhöhen und einer perfekten Bühnenpresenz einen sehr guten Stempel aufdrücken.

Den Vogel des Abends schoß Andrea SILVESTRELLI als Zaccaria ab, dessen in die Schwärze gehende Baß-Stimme sehr an den unvergessenen Gottlob Frick erinnerte, gewaltig und doch mit Baß-piani ausgestattet brachte er seine Rolle zum Publikum. Anna PRINCEVA als Abigaille bewältigte diese ihre Partie mit ihrer lyrischen Sopranstimme sehr, sehr gut, obwohl man ja gewohnheitsgemäß darin immer einen dramatischen Sopran sucht. Michela BREGANTIN als Fenena konnte stimmlich und darstellerisch voll überzeugen.

Auch die kleineren Partien waren sehr gut besetzt, so Giulio BOSCHETTI als Gran Sacerdote di Belo, Patrizio SAUDELLI als Abdallo und letztendlich Sandra PASTRANA als Anna. Die CHORAKADEMIE DER TIROLER FESTSPIELE ERL in Zusammenarbeit mit der CAPELLA MINSK unter den Chorleitern Marco MEDVED und Ljudmila EFIMOVA trug schon allein durch den Gefangenenchor "Va pensiero" erheblich zum Gelingen dieses einmaligen Opernabends bei. Das Bühnenlicht, von Wolfgang von ZOUBEK und von Maestro Kuhn gemeinsam sehr gut ausgedacht, konnte die einzelnen Szenen glaubhaft verändern.

Man wird diese gelungene Premiere im Neuen Festspielhaus in Erl kaum vergessen können. ISt