"DER BARBIER VON SEVILLA" - 9. November 2012

Irgendwann in der letzten Spielzeit - vermutlich um die Zeit der Veröffentlichung des neuen, leidlich unspektakulären Spielplans der Hamburgischen Staatsoper, fiel mein Entschluß, mein lange angedachtes Projekt "Deutschland, deine Opernhäuser" in Angriff zu nehmen: Ich möchte in jedem Opernhaus Deutschlands mindestens einmal gewesen sein - nach meiner Zählweise sind das immerhin 86.

So verschlug es mich nun also in das nördlichste Opernhaus, in dessen auch um 21 Uhr noch gut bevölkerter, ungewöhnlich langer Einkaufsmeile, es nicht nur ein hervorragendes Eis, sondern auch ein erschreckend geringes Angebot an Leuchtturm bezogenen Dingen zu erwerben gibt.

Das SH-Landestheater ist eigentlich eine Einrichtung, die häufig in norddeutschen Städten kleinere bis mittlere Säle bespielt und in Flensburg und Schleswig seine festen Hauptspielorte hat. Letzterer ist jedoch einsturzgefährdet, so daß dieses Theater momentan nicht bespielt werden kann, was überdies zur Folge hat, daß der Fortbestand des gesamten Landestheaters in Frage steht!

Daß dies qualitativ nicht mal ansatzweise gerechtfertigt ist, zeigte die besuchte Vorstellung vom "Barbier von Sevilla". Wie es an C-Häusern durchaus nicht unüblich ist, wurde auch hier die deutsche Version gespielt, welche von Richard Bletschacher verantwortet wurde. Das Stück wurde vom Operndirektor Markus HARTEL behutsam und routiniert modernisiert. Die Inszenierung bleibt zwar nicht so im Gedächtnis haften wie die brüllend komische Produktion von Annette Leistenschneider in Lübeck, aber sie erfüllt ihren Zweck, indem sie die Handlung, ohne je ins Lächerliche abzugleiten, grundsolide auf die Bühne bringt. Udo HESSE entwarf dazu die passenden Kostüme.

Musikalisch lebte der Abend vor allem durch die Leistungen der beiden männlichen Protagonisten. Jin Hak MOK nennt einen leichten, dabei aber durchaus virilen, wundervoll fokussierten und technisch höchst souveränen Tenor sein Eigen. Diesen setzte er gepaart mit sehr präsentem Spiel mit Charme und angemessener Verve ein. Sein einziges Manko war, daß er die Arie im Finale nicht sang...

Dem stand Joa HELGESSON (Figaro) in nichts nach. Auch wenn das Material eigentlich nach den großen Heldenbariton-Partien schreit, besitzt er eine hinlänglich flexible Stimme, um die Anforderungen Rossinis blendend zu bewältigen. Auch ihm war die Spielfreude jederzeit anzumerken. Mehr davon, bitte!

Nicht so ganz mithalten konnte da Svitlana SLYVIA (Rosina). Sie machte zwar nichts falsch, abgesehen von dem einen oder anderen leicht trutschigen Moment, aber so wirklich sprang der Funke bei mir einfach nicht über.

Markus WESSIACK sang einen solide kauzigen Bartolo und zeigte dabei vor allem Stärken im sogar verständlichen (!) Parlando. Kai-Moritz von BLANCKENBURGs Basilio mangelte es ein wenig an der rechten Phrasierung, wodurch gerade seine Arie etwas zu abgehackt klang. Brigitte BAYER (Marzelline) und Alexej LYKOV (Fiorello, Offizier, Notar) ergänzten solide.

Am Pult der SCHLESWIG-HOLSTEINER SINFONIKER waltete Peter GEILICH. Er hielt das Orchester und die Bühne zwar über die meiste Zeit zusammen, lediglich im "Buona notte, mio Signore" verpatzten Mok und Slyvia regelmäßig ihre Einsätze. Allerdings fehlte dem Dirigat doch eine gehörige Portion an Spritzigkeit und Italianita. Es klang zu "deutsch". Der CHOR unter der Leitung des ehemaligen Mitglieds des Chors der Hamburgischen Staatsoper Bernd STEPPUTTIS leistete solide Arbeit. WFS