"JACK AND I" - 17. August 2014

Fringe, accidently

Eigentlich wollten wir nur unserer Lieblingsstadt einen Besuch abstatten und landeten mitten im Festival Fringe. Wieso nicht die Gelegenheit nutzen, ein oder zwei Produktionen zu sehen?

Unsere Wahl fiel auf "Jack and I - The Jack the Ripper Musical", was an sich schon schräg klang. Wir wußten auch nicht wirklich, was uns erwartete.

Autor Daniel Henry Kaes breitet in einer knappen Stunde ein Musical über den (historischen) Ripper-Jäger Inspector Abberline aus, der unter immensen Druck seitens seiner Vorgesetzten, der Presse und seiner Ehefrau steht, den Mörder endlich zu fassen. Die Lösung, die uns Kaes am Ende präsentiert, ist tatsächlich originell und läßt keinen der üblichen Verdächtigen den Täter sein. Dazu ein paar schmissige, das Musicalgenre durchaus parodierende Songs (die Anleihe an "Les Miserables" war einfach nur zwerchfellerschütternd), fertig war ein sehr unterhaltsamer Abend, der ruhig länger hätte ausfallen können.

Christabel CLARKs Regie zeigte, daß es keines überkandidelten Konzepts bedarf, um eine Geschichte zu erzählen. Eine ausgefeilte Personenregie und ein paar Quader mit verschiedentlich beklebten Seiten als Requisiten genügen, um einen komplexen Spannungsbogen aufzubauen - und vor allem zu halten. Gespielt und vor allem auch gesungen wurde prachtvoll, so daß es nur wenig störte, daß die orchestrale Begleitung vom Band kam.

Chris CHALMERS' Detective Abberline war Dreh- und Angelpunkt der Geschichte und so auch des Abends. Erstaunlich wie es jemandem in diesem Alter bereits gelingt, eine Figur bzw deren Charakter derart genau auf den Punkt zu bringen.

Matt LIM verkörpert gleich drei Rollen, den Journalisten T.P. O'Connor, Abberlines Vorgesetzten Sir Charles Warren und die Inkarnation des Rippers, die am meisten zu tun hat. Er schafft es ohne weiteres, jeder dieser unterschiedlichen Figuren unterschiedliche Charakteristika zu geben.

Als Abberlines Frau Emma besaß Lizzie CAMPS genug Chuzpe und darstellerisches Können, um sich mühelos neben ihren männlichen Bühnenpartnern zu behaupten. Stimmlich wechselte sie ohne Probleme zwischen Straßenjargon und Hausfrauenattitüde je nachdem, was die Szene gerade erforderte.

Die Polizistin Georgia, neue Partnerin von Abberline und ein hardboiled cop, großartig verkörpert von Sara BASSO DE MARC, irritiert zunächst, da sie in Sprache und Geschlecht eher nichts im viktorianischen London zu suchen hätte; doch selbst dies wird am Ende zu einer cleveren Lösung geführt.

Was für erstklassiges Ensemble junger Talente! Jeder für sich genommen ein großartiger Künstler. Im Zusammenspiel definitiv unschlagbar.

Zum Fringe 2015 plant DHK productions eine Musicalversion von Mata Hari. Man darf gespannt sein. Sollten wir zur entsprechenden Zeit in Edinburgh sein, werden wir uns das nicht entgehen lassen. AHS & MK