"DON CARLO" - 21. Dezember 2006

Zum Jahresende gab es noch einige interessante Vorstellungen, darunter eine Serie von "Don Carlo"-Aufführungen.

Die Besetzung las sich interessant, aber die Aufführung selbst war nicht nur interessant sondern verdiente als Prädikat "wertvoll", denn es war eine der seltenen Abende, wo es zwar geringe Leistungsabstufungen gab, aber ein harmonischer Abend auf höchstem Niveau stattfand. Nach vielen besuchten Vorstellungen der Oper, wo es immer einen oder mehrere ernste Schwachpunkte gegeben hatte, gab es diesmal unter allen Interpreten großartige Spannung.

Es fällt mir daher fast schwer, wo ich mit positiven Worten ansetzen soll. Wohl doch zuallererst bei Simon KEENLYSIDE als Marquis Posa: So sollte ein Posa immer sein, stimmliche Strahlkraft, elegant, glaubhaft in der bedingungslosen Freundschaft zu Carlo bis zum Tode, eine großartige Diktion. An seiner Seite ein robuster Carlo namens José CURA: Er hat stimmlich nicht die helle Strahlkraft und knickt manchmal bei den Spitzentönen ab, aber er ist ein starke Bühnenpersönlichkeit und vermittelte stets jene Empfindungen, die diesen Carlo bewegen.

Nicht minder stark die Eboli von Luciana D'INTINO. Sie bestach mit einer ausladenden Stimme, Temperament und brachte viele Nuancen zum Klingen. Eine gänzliche neue Stimme stellte sich mit Olga GURYAKOVA als Elisabetta vor. Eine gut geführte Stimme allerdings mit slawischem Klang, innig im Ausdruck.

Als Philipp stand an diesem Abend ein erprobter Großinquisitor auf der Bühne: Matti SALMINEN: Seinen großer Moment hatte er in der großen Arie im 3. Akt, die er sehr berührend gestaltete. Kurt RYDL war ein sehr verläßlicher Großinquisitor, ein bißchen mehr an Spannung zwischen den beiden großen Persönlichkeiten, hätte eine ideale Szene ergeben.

Erfreulich auch noch, daß es eine vernünftige Inszenierung von Pier Luigi PIZZI gibt, und das Werk nicht verfremdet wurde. Aus dem Orchestergraben unter Marco ARMILIATO war nicht die gleiche Harmonie wie auf der Bühne zu hören: Oft zu klangstark, die Feinheiten dieser Verdi Oper wurden oft nicht hörbar gemacht.

Es gab reichlich Applaus für alle Sänger, und auch das Publikum verließ höchst beglückt das Haus. EH