"DER ROSENKAVALIER" - 29. Oktober 2007

Richard Strauss' dreiaktige Komödie in der Inszenierung von Otto SCHENK und mit der Ausstattung von Rudolf HEINRICH gehört zu den Klassikern des Wiener Staatsopernrepetoires. Über Jahre hinweg gespielt mit ständig wechselnder Besetzung, erfreut sich das wohl bekannteste Werk des Komponisten großer Beliebtheit.

Das Außergewöhnliche in dieser Saison ist die durchaus als hochkarätig zu bezeichnende Besetzung der drei großen Frauenrollen. Zunächst einmal wäre Elina GARANCA in der Rolle des jungen Grafen Octavian zu nennen. Gesanglich ohnehin über jede Kritik erhaben, bot sie auch eine gute schauspielerische Leistung, zuweilen ernsthaft, zuweilen gelungen komödiantisch (wie insbesondere im dritten Akt in der Verkleidung als Dienstmädchen). Man nahm ihr den siebzehnjährigen Jungen durchaus ab, was bei Hosenrollen ja keine Selbstverständlichkeit ist; viele Sängerinnen wirken entweder sehr wenig in der Rolle oder geben sich so übertrieben "männlich", daß es albern ist, nicht so aber Garanca. Sie spielte mit Natürlichkeit und Einfühlsamkeit die Figur, wie man es nicht allzu oft sieht. Einzig mit dem österreichischen Idiom des Textes schien sie sich etwas schwer zu tun, was man ihr aber nicht übel nehmen kann.

Ebenso erfreulich war Soile ISOKOSKI als Feldmarschallin anzuhören und anzusehen, mit angenehmer, weicher Stimme und einer Bühnenpräsenz, die eine gewisse Würde ausstrahlte. Sie verstand es, die nachdenklichen, besinnlichen, zuweilen tragischen Aspekte der Rolle herauszustreichen, des adeligen Mädchens, das vor Jahren gegen seinen Willen mit einem viel älteren Fürsten verheiratet und so praktisch um seine Jugend gebracht wurde, und nun obendrein befürchten muß, den jungen Liebhaber zu verlieren - verständlich, daß sie Sophie ein ähnliches Schicksal ersparen will, und gleichzeitig tritt ihr Großmut deutlich hervor, der sie schließlich veranlaßt, auf Octavian zu verzichten.

In der Rolle der Sophie Faninal schließlich bestach Malin HARTELIUS durch Charme und präzise, klare Artikulation. Darstellerisch blieb sie neben den anderen beiden fast ein wenig blaß, konnte aber dafür durch schöne, glasklare Höhen überzeugen.

Ausgesprochen komisch war Octavians Widersacher, Baron Ochs auf Lerchenau; Kurt RYDL traf die Mischung aus Impertinenz, Arroganz und Dummheit, die diesen Charakter auszeichnet, sehr gut. Er bot eine beachtliche Leistung, einzig in den Tiefen kratzte seine Stimme manchmal zu sehr. Auch Peter WEBER (Faninal) und Simina IVAN (Jungfer Leitmetzerin) boten eine gute Leistung.

Ebenso waren die kleineren Rollen im großen und ganzen ordentlich besetzt. Lobend erwähnen möchte ich hier besonders Benedikt KOBEL und Janina BAECHLE als Intrigantenpaar Valzacchi und Annina, die ihre Rollen auf sehr amüsante Art spielten und dabei auch gut sangen. Witzig war auch Alfred SRAMEK als Notar; seine Reaktionen auf die juristisch völlig blödsinnigen Forderungen des Barons Ochs waren komödiantisch geglückt. Wirklich enttäuscht hat mich einzig der italienische Sänger (Ho-yoon CHUNG), der die Höhen mehr plärrte als sang und insgesamt eher gepreßt klang.

Das ORCHESTER der Wiener Staatsoper spielte unter der Leitung von Peter SCHNEIDER, der von meiner Mutter ganz zurecht als "Gebrauchsdirigent" apostrophiert wird. Immer wieder, zunehmend gegen Ende des dritten Aktes, aber auch schon vorher, schienen die Musiker seiner Kontrolle völlig zu entgleiten und spielten so laut, daß sie die Sänger komplett zudeckten, und das passierte nicht nur bei einzelnen Solisten, sondern zuweilen auch beim gesamten Chor (Leitung: Janko KASTELIC). Dies war bedauerlich, aber glücklicherweise einer von wenigen negativen Aspekten, die den Abend insgesamt doch nicht allzu sehr zu trüben vermochten.
Robin A. Röthlisberger