"FAUST" - 14 Oktober 2008

Die erste Premiere der Saison 2008/2009 (am 11. Oktober 2008) war ein Flop. Weniger wegen des künstlerischen Einsatzes, sondern leider wegen des Problems "Inszenierung". Üblicherweise muß man mehr optische Reize über sich ergehen lassen, als man verkraften kann, dieses Mal fand überhaupt nichts statt. Es war eine Art konzertante Aufführung in Kostüm, aber mehr nicht. Von Personenführung war nichts zu merken, das Bühnenbild bestand aus Glaswänden in Metallrahmen, die dann und wann verschoben wurden, mal zu viel Weite boten, dann wieder zu sehr einengten.

Dies alles war allerdings aufgrund von einer Verkettung wirklich unglücklicher Umstände entstanden. Der Bühnenbildner verstarb, der Regisseur Nicolas Joel hatte noch vor Probenbeginn einen Schlaganfall. Aus dieser Situation heraus eine interessante, brauchbare Produktion zu schaffen… eigentlich unmöglich oder ein Wunder, und die gibt es nicht. So gesehen mußte man den beiden Einspringern Stephane ROCHE (Regie) und Kristina SIEGEL (Bühnenbild) sogar ein Quentchen Achtung zollen und von einer negativen Bewertung Abstand nehmen.

Musikalisch war der Abend recht ordentlich, was mir eigentlich zu wenig war. Das ORCHESTER unter Bertrand de BILLY musizierte vorzüglich, bei solcher Harmonie im Orchestergraben kommt Freude auf und beweist, was in diesem Orchester alles steckt, und was von einem Dirigenten geweckt werden kann. Es wurde ein Klangteppich ausgebreitet, auf dem die Sänger wahrlich schweben konnten.

Roberto ALAGNA als Faust gelang dies. Er hat den perfekten Stil für Faust gefunden und unbestritten der Vorteil der Sprachdeutlichkeit. Da kann man dann schon ein Ohr zudrücken, wenn es mit den Höhen nicht ganz so perfekt klappt. Und daß er mit seiner Ehefrau Angela GHEORGHIU eine Partnerschaft hatte, die harmonischer nicht sein konnte, war natürlich ein Idealfall. Allerdings auch hier war die Tonqualität nicht immer on Top. Vielfach hielt sie sich zu sehr zurück, erst im Finale blühte sie voll auf.

Eine durchaus sehr gute Leistung bot der österreichische Bariton Adrian ERÖD als Valentin. Ein sehr schön gesungenes Gebet brachte ihm verdientermaßen den stärksten Szenenapplaus. Aber wo bleibt Mephisto? Eigentlich auf der Strecke. Kwangchul YOUN singt sehr elegant, zu elegant für einen Teufel; Dämonie gab es stimmlich keine, und auch in der Darstellung war ihm alles Teuflische fremd. Vermutlich war das aber durch die fehlende Regiearbeit bedingt.

Michaela SELINGER als Siebel war für mich eine Enttäuschung, der Mezzo ist zu unflexibel, und daher blieb die schöne Arie ohne Eindruck. Janina BAECHLE war eine solide, keine raffinierte Marthe Schwerdtlein.

Das Ehepaar Gheorghiu/Alagna wurde beim Schlußapplaus naturgemäß stark bejubelt, aber Bertrand de Billy und Adrian Eröd wurden verdient gleichermaßen gefeiert. Auch wenn es musikalisch ein ziemlich positiver Abend war, blieb doch die große Freude an der neuen Aufnahme dieses Werkes aus. EH