"L'ITALIANA IN ALGERI" - 10. Januar 2013

Viele Jahre begleitet mich bereits diese sehr witzige und nach wie vor frische Inszenierung von Jean Pierre PONNELLE. Es war dies die 83. Aufführung dieser Inszenierung, und es ist zu hoffen, daß man hier nicht an eine Änderung denkt. Auch der "Barbier von Sevilla" ist eine derart taugliche Inszenierung, daß man nur hoffen kann, dass die Kulissen ewig halten… In Wien hat in den letzten Jahrzehnten keine großartige Rossini Pflege stattgefunden, obwohl es durchaus Werke gibt, die den starren Programmzettel etwas auflockern könnten.

Die Besetzung dieser besuchten Aufführung hatte ein gutes Quantum an Nostalgie zu bieten. Als ich 1994 meine erste "Italiana" an der Staatsoper gesehen hatte, war Vesselina Kasarova die Isabella und Ferruccio Furlanetto der Mustafa. 1996 besuchte ich dann wieder zwei Vorstellungen, beide mit Agnes Baltsa und beide wieder mit Ferruccio Furlanetto. Da liegen nun siebzehn Jahre dazwischen, an der Inszenierung merkt man keine Abnutzungserscheinungen, im vokalen Bereich leider schon.

Agnes BALTSA ist unbestritten eine großartige Sängerin, Künstlerin, eine starke Persönlichkeit, aber die Stimme hat schon einiges an Strahlkraft verloren, und ist eigentlich für die Rossini-Rolle zu dramatisch geworden. Bewundernswert allemal, daß sie sich noch einmal an diese Rolle gewagt hatte. Was stimmlich nicht mehr so vorhanden war, wurde durch ihre Darstellung ausgeglichen.

Männer haben es da leichter, vor allem wenn es sich um die tiefen Stimmen handelt. Ferruccio FURLANETTO als Mustafa war stimmlich als auch darstellerisch in absoluter Bestform, an ihm sind die Jahre spurlos vorübergegangen, im Gegenteil, sein Baß ist noch voller geworden. Sein Gesamtleistung einfach großartig!

Der Interpret des Lindoro, Antonino SIRAGUSA konnte ich mich, wie auch schon in anderen Rollen der Vergangenheit, nicht begeistern. Er ist ein sicherer Tenor, was die hohen Töne betrifft, seine Übergange und die Mittellage sind aber sehr unstabil und die Darstellung blaß, was umso mehr auffällt, wenn er neben Kollegen wie Agnes Baltsa und Ferruccio Furlanetto sowie dem anderen Superkomödianten Alfred SRAMEK steht. Alfred Sramek ist seit Jahren der Taddeo, nur selten gab es einen anderen Namen auf dem Besetzungszettel. Und das ist auch gut so, denn seine stimmliche Präsenz ist auch nach den vielen Jahren voll gegeben, und welche neue Ideen er immer in die Rolle einbringt, ist wirklich köstlich.

Elvira, die Frau Mustafas, wurde durch Ileana TONCA bestens interpretiert, auch Rachel FRENKEL als Zulma war gut besetzt. Eine sehr nette Überraschung stellte der junge Baßbariton Allessio ARDUINI dar, der einen sehr stimmgewaltigen Haly gab und auch sehr viel in die Darstellung einbrachte.

Alles in allem war es ein sehr gelungener Abend, am Pult Jesus LOPEZ COBOS, der allerdings teilweise dem ORCHESTER zu viel an Lautstärke erlaubte .dafür aber wenig spritzig blieb. Heftiger Applaus für alle Interpreten, aber schwach in der Ausdauer. EH