"EUGEN ONEGIN" - 6. Mai 2010

Mit einer Inszenierung zum Wohlfühlen der Vertonung der Dichtung nach Alexander Puschkins gleichnamigen Versroman "Jewgeni Onegin" wartete Grischa ASAGAROFF in Zürich auf, hier war man im Rußland der Jahrhundertwende und spürte durch und durch, nicht nur musikalisch (einfühlsames Dirigat von Vladimir FEDOSEYEV), die russische Seele voll und ganz. Die ländliche Idylle nebst eintönigem Landleben im 1. Akt, in die der Globetrotter Eugen Onegin etwas Farbe brachte, konnte man nicht besser auf die Bühne bringen, das Bühnenbild (Bernhard KLEBER) und die teils zeitgenössischen Kostüme (Reinhard VON DER THANNEN) unterstrichen die Inszenierungsgedanken. Allerdings war der letzte Akt zu karg ausgestattet und die Polonaise (gute Choreographie Stefano GIANETTI) hätte in einen helleren Prunksaal des Fürsten Gremin gehört, paßte sich hier aber der Gefühlswelt der beiden Hauptfiguren Tatjana und Onegin an. Eine gute Regie-Idee war auch, den Fürsten Gremin in den Rollstuhl zu setzen, um zu demonstrieren, daß Tatjana, ausbrechend aus der eintönigen ländlichen Welt mit Standesrücksichten, und um ihre unglückliche Liebe zu vergessen, diesen alten gebrechlichen Mann heiratete.

Die Abendbesetzung war mit großartigen Sängern ausgestattet, die wohl für diese Oper kaum ein weiteres Opernhaus im Moment auf einmal zu engagieren weiß. In der Titelrolle erlebte man einen glänzend disponierten Thomas HAMPSON, dessen Bariton immer fülliger zu werden scheint. Diese Rolle des arroganten gelangweilten Weltreisenden mit anfänglicher Gefühlskälte, die erst am Schluß zu weichen schien, schien für ihn auf den Leib geschneidert. Petra Maria SCHNITZER als Tatjana konnte mit ihrem sehr gut geschulten pianireichen und ausdrucksvollen Sopran gerade in der Briefszene einen großen Erfolg verbuchen, während die höhensichere schöne Tenorstimme von Piotr BECZALA in der Gestalt des unglücklichen Lenski (die Maske leistete hier Erstaunliches) gerade in seiner Todesahnung wieder einmal den Vogel abschoß. Unglaublich, wie man sich an diesem Abend immer wieder an den unvergessenen Fritz Wunderlich in dieser Partie erinnerte.

Matti SALMINEN als Gremin sang diese Partie routiniert, Boguslaw BIDZINSKI als der französische Geburtstagsgratulant des 1. Akts Triquet war in dieser Partie ausreichend gut, Anja SCHLOSSER als leichtfertiger Teenager Olga harmonierte besonders im 1. Akt sehr gut mit Petra Maria Schnitzer und war hiermit sehr gut besetzt. Auch die restlichen Figuren wie Larina (Stefania KALUZA), Cornelia KALLISCH als Njanja (sehr gut ihre Jugenderzählung), Valery MURGA als Sarezki, Vesselin TSCHAKOV als Vorsänger und Bernhard RUBIN als Guillot rundeten die in russischer Sprache gesungene Aufführung sehr gut ab.

Adrian HOCHSTRASSER, als Schwarzer Engel im Programmheft angegeben, brachte diese Schicksalsfigur sehr gut auf die Bühne, nebst den weiteren Tänzern Camilla HOFFMANN, Ivano CHIARAVALOTTI, Marc MEYER, Eric MÜLLER, Adriano PICCIONE und August WICK. Nebst dem sehr gut einstudierten CHOR DER OPER ZÜRICH (Leitung Kelly THOMAS, Sarah TYSMAN) seien noch die Bediensteten Elsbeth TREICHLER, Brigit EICHENBERGER, Julia CHERENETEFF und Rolf TEICHLER erwähnt.

Diese Aufführung wird lange bei einem nicht ("Onegin"-) verwöhnten Münchner Opernfan in Erinnerung bleiben. I.St.