"DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG" - 8. Mai 2010

Man hoffte sehr, das Haus beglückt zu verlassen. Intendant Pereiras Wünsche ans Publikum konnten aber hier nicht ganz erfüllt werden. Gleich zu Beginn im 1. Akt führte uns Regisseur Nikolaus LEHNHOFF mit einem mittelalterlichen Bühnenbild (Roland AESCHLIMANN) in die Lorenzkirche zu Nürnberg (vermeintlich). Die Idee, den verliebten Walter von Stolzing auf diese Kanzel zu klettern zu lassen, um seine Eva unter den Betenden zu erspähen, war neu und sehr durchdacht. Auch die Kostüme (Moidele BICKEL, Amélie HAAS) verschafften zunächst ein spätmittelalterliches Ambiente.

Im 2. Akt, allerdings mit Kostümen der Jahrhundertwende, tauchte sogar Klein-Nürnberg im Hintergrund des Bühnenbilds auf, die Raufszene fand jedoch im Nebel statt. Aber den Regiegedanken von Herrn Lehnhoff begriff man erst im 3. Akt, als man statt der wieder bei solchen Inszenierungen vermißten Festwiese römische Säulen mit ebensolchen Relief-Bildern an der Stadtmauer auf der Bühne sah. Dazu hatte Herr Lehnhoff wohl das Reichsparteigelände in Nürnberg verwendet, und da kam der Gedankenblitz zu Sachsen Schlußtext, daß Herr Lehnhoff die ganze Oper in das Heilige römische Reich deutscher Nation verlegt hat. Dieses Reich endete aber 1806, so daß die Nürnberger Bürger einschließlich des David hier sehr verspätet in modernere Kostüme gesteckt wurden. Etwas verwirrend das Ganze…

Philippe JORDAN dirigierte das Werk anfänglich allzu stark tönend, brachte das ORCHESTER DER ZÜRICHER OPER aber bis zum Schluß zu einer sehr guten Leistung. Die Einstudierung des CHORs von Jürg HÄMMERLI ließ nichts zu wünschen übrig.

Etwas zu breit angelegt war der Sachs von Alfred MUFF, Matti SALMINEN sang den Pogner wieder routiniert. Michael VOLLE gestaltete den Beckmesser als einen arroganten Macho mit stimmlicher Präzision, zu dieser außergewöhnlichen Rollenauffassung kann man ihm nur gratulieren.

Robert Dean SMITH ist immer einer Garant für einen hervorragend gesungenen Walter von Stolzing mit jugendlicher Heldenausstrahlung. Ein großer Gewinn für die Züricher Oper dürfte der David von Peter SONN sein: eine sehr gute Textverständlichkeit gerade bei seiner Erzählung im 1. Akt und präzise lyrische Tenortöne. Edith HALLER als Eva konnte mit weichen Soprantönen gerade im 3. Akt eine sehr gute Rollengestaltung erbringen.

Wiebke LEHMKUHL sang eine bestens disponierte Magdalene. In der kleinen wichtigen Rolle des Nachtwächters glänzte Tomasz SLAWINSKI. Die Meistergilde war mit sehr guten Stimmen besetzt, allen voran Cheyne DAVIDSON als Kothner, weiter erwähnt seien Martin ZYSSET Kresimir STRAZANAC, Peter STRAKA, Andreas WINKLER, Buguslaw BIDZINSKI, Giuseppe SCORSIN, Andreas HÖRL und Rinhard MAYR; für die Lehrbuben setzte man MITGLIEDER DES INTERNATIONALEN OPERNSTUDIOs ein. Die mittelalterlichen Tanzfiguren (Choreographie Denni SAYERS) in den Tänzen vor Stadtmauer wurden von den im Programmheft namentlich aufgeführten vielen TÄNZERN dem Publikum sehr gut nahegebracht. I.St.