Aus Anlaß des Bachjahres 2000 gab die Internationale Bachakademie Stuttgart vier Passionen bei zeitgenössischen Komponisten in Auftrag, die im September 2000 in Stuttgart uraufgeführt wurden. Die Johannes-Passion fiel dabei an die russische Komponistin Sofia Gubaidulina, und die beiden vorliegenden CDs (Hänssler Classic 98.405) sind ein Mitschnitt der Uraufführung.

Wie die Komponistin im Booklet anmerkt, lag für sie die Besonderheit der Aufgabe darin, das die russisch-orthodoxe Kirche Instrumente in der Kirche nicht zuläßt, und die Form der Passion dort keine Tradition hat. Ihre in russischer Sprache geschriebene Passion lebt denn auch in erster Linie vom Wort und der Stimme. Der Musik kommt meist überleitende oder verstärkende Bedeutung zu, richtig gewaltig wird sie nur am Anfang ("Das Wort") und am Ende ("Die sieben Schalen des Zorns"). Ansonsten ist sie oft dramatisch punktuell eingesetzt, hier vereinzelte Streicher, dort eine Oboe oder Flöte, was die Stimmen nur noch in ihrer Wirkung bestärkt. Vieles in den elf Teilen wird schlicht von einem Erzähler vorgetragen.

Der Baß Genady BEZZUBENKOV setzt hier Maßstäbe, unterstützt u.a. vom CHOR des Mariinsky-Theaters. Sie und die anderen Solisten (Natalia KORNEVA, Sopran; Viktor LUTSIUK, Tenor und Fedor MOZHAEV, Bariton) singen in lupenreinem Russisch mit großer Textverständlichkeit. Das Stück entwickelt eine fast opernhafte Dramatik im sparsamen Duktus russischer Musik.

Nicht nur deshalb ist es bei Valery GERGIEV und seinem ORCHESTER des Mariinsky-Theaters in den besten Händen. Die technische Qualität dieses Live-Mitschnitts ist ebenfalls auf dem höchsten Stand. Kerstin Schröder