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Die 1999 in Luzern uraufgeführte Oper "Luci mie traditrici" des 1947 geborenen Komponisten Salvatore Sciarrino erzählt in Anlehnung die Geschichte des Renaissance-Komponisten Gesualdo, aber als Gleichung für die Zustände und Spielarten der Liebe: Liebe in der Ehe, Ehebruch, unerwiderte Liebe, Rache.

Der Komponist braucht dafür vier Personen, die in knappen Szenen ohne viel Handlung diese verschiedenen Spielarten durchleben bis zum Mord des Gatten an seiner Frau.

Die Konzentration auf die vier Personen wird durch die Konzentration auf die Stimmen noch verstärkt. Das Orchester (hier das Klangforum Wien unter seinem Gründer Beat FURRER) hat nur leise behutsame Begleitfunktion, die Stimmen tragen das gesamte Stück von gut einer Stunde Dauer. Diese sind breit über das Spektrum verteilt, vom Sopran der Frau (Annette STRICKER) über den Bariton des unglücklich verliebten Dieners (Simon JAUNIN), den Baß-Bariton des Mannes (Otto KATZAMEIER) und den Countertenor des Gastes und Liebhabers (Kai WESSEL). Der Gesang kommt bruchstückhaft abgehackt, von manchmal asiatisch anmutender Linie, fast wie Sprechgesang.

Nur dreimal wird der Fortgang der Gespräche unterbrochen, durch eher kurze orchestrale Intermezzi. Hier bekommt das Stück einen völlig anderen Charakter. Wenn im ersten Intermezzo noch Anklänge an Alte Musik zu erahnen sind, so entwickeln die beiden anderen einen ganz eigenen Klang von besonderem Reiz. Durch die Unterbrechungen entsteht erst so etwas wie ein Spannungsbogen, der ohne diese Stücke kaum gegeben wäre.

Sciarrino hat ein Stück von sehr eigenwilligem Charakter geschrieben, das zutiefst menschliche Gefühle wie in einem Vakuum auf ganz engem Raum präsentiert. Bedrängend, dicht und zeitlos. Kerstin Schröder