Es ist seit Jahren eine Tradition, sich in den meist an Nachrichten armen Sommermonaten, zur Ferienzeit, mit wenig beachteten Punkten zu beschäftigen, zu denen im Rest des Jahres die notwendige Aufmerksamkeit fehlt.

Auch wir möchten daher das Sommerloch für einen mehr oder weniger sinnvollen Beitrag nutzen und stellen hier unsere Bewerbung um die Leitung der Bayreuther Festspiele vor. Unser Konzept beschränkt sich nicht allein auf die sommerlichen Wagnerfestspiele, sondern beinhaltet eine umfassende Nutzung des räumlichen Potentials "Festspielhaus" in der nahezu optimalen Ausnutzung der Ressource "Zeit" im Rahmen eines Kalenderjahres.

Das Motto "Bayreuth für alle" bedeutet hier nicht ausschließlich Aufführungen von Opern Richard Wagners für alle Interessierten im ausreichenden Maße, sondern steht vielmehr für das Zugänglichmachen der Reserve "Bayreuth" für Werke von Meyerbeer bis Verdi bis hin zu unplugged-Sessions moderner Künstler vom Format eines Alice Cooper. Gleichzeitig verfügt dieses Konzept über die Option der Anbindung eines Festivals für Moderne E-Musik bei Betreuung durch eine kompetente Persönlichkeit. (Hallo Frau Schröder?!)

Des weiteren soll das Musikgebiet der Operette (wir denken hier an qualitativ hochwertige Aufführungen in Regie und Besetzung) eine Aufwertung durch ein eigenes Festival erhalten.

Der zeitliche Rahmen beinhaltet neben den bekannten Wagnerfestspielen im Juli/August, die sich im ersten Jahr vollständig auf die Stücke konzentrieren, die bislang sich in Bayreuth nicht präsentieren durften wie "Die Feen" oder "Das Liebesverbot", Verdi-Festtage im Dezember/Januar sowie das besagte Operettenfestival im März/April. In der Zeit von Mitte September bis Anfang November steht das Festspielhaus für Aufführungen der Opern Giacomo Meyerbeers, Jacques Offenbachs und anderer wie auch immer verfemter Komponisten zur Verfügung.

Die Finanzierung der genannten Vorhaben wird u.a. durch die Versteigerung von 70% der Karten zum Wagnerfestival in einer Form ähnlich dem eBay-Prinzips gesichert. Außerdem sind gewerbliche Anzeigen in den Programmheften, Product placement in den Inszenierungen (so künstlerisch vertretbar) und kostenpflichtige Übertragungen in Rundfunk und Fernsehen in der Planung enthalten. Gerade bezüglich des Product placements sind da ganz innovative Wege zu beschreiten. So könnte die Taube im "Lohengrin" beispielsweise vom Verband Deutscher Brieftaubenzüchter ausgebildet und zur Verfügung gestellt werden, der Schwan in der gleichen Oper könnte durch den Hamburger Schwanenvater hochgebildete Alsterschwäne dargestellt werden (dies hätte den Vorteil, daß sich niemand über die Leistung des Tieres übermäßig aufregen darf, denn nach einer mittelalterlichen Verordnung ist das Beleidigen von Alsterschwänen strafbar).

Aber das ist ja erst der Anfang. Weiter ließen sich auch andere Stücke sponsern. "Aida" durch den Bundesverband der Maurer gefördert, "Carmen" durch eine bekannte Steakhauskette (oder was haben Sie gedacht, was aus dem Stier am Ende wird?), "Siegfried" durch das Metallverarbeitende Gewerbe, "Liebestrank" durch prominente Winzer oder die gallische Priesterin "Norma" durch den Verlag, der die Rechte an den "Asterix"-Comics hat, sind durchaus vorstellbar.

Die zu erwartenden Einnahmen dürften über kurz oder lang die Inanspruchnahme von Subventionen überflüssig machen. Kunst als Kommerz zur Entlastung der Öffentlichen Hand, also.

Kritikern, die aufgrund dieses Konzeptes den Verlust des elitären künstlerischen Charakters der Bayreuther Festspiele verloren gehen sehen, sei entgegengehalten, daß in Zeiten finanzieller Inflation neue Wege in der musikalischen Ausrichtung eine Rettung unberechtigt elitärer Kunstrichtungen bedeuten können.

Selbstverständlich sind wir auch durch unsere familiären Bande geradezu für die Übernahme der Festspiele prädestiniert. Vorfahren der einen stammen aus der Schweiz, wo bekanntermaßen das "Rheingold" spielt, der Großvater der anderen benannte seine drei Kinder nach Figuren aus dem "Ring" und nervte seine älteste Tochter damit, daß er bei Radioübertragungen aus Bayreuth alle Arien laut mitsang. AHS & MK
P.S. Jedem, der es nicht bemerkt hat: Achtung, Glosse!