Luigi CONSOLE, ein Tenor, der sich mit den Größten seines Faches messen konnte, doch zu Unrecht niemals solche Berühmtheit erlangte, wie die von der Plattenindustrie verwöhnteren Kollegen.

Geboren wurde er im Jahre 1900 im kalabrischen Städtchen Stella Tornato als zehntes von neun Kindern eines Perlenfischers und einer durchreisenden Friseurin. Schon in frühester Jugend unterstützte er seinen Vater beim Perlentauchen und entwickelte so die schier unglaubliche Atemtechnik, die ihn später so bekannt machen sollte.

Mit dem Erlös aus dem Perlengeschäft konnte der junge Luigi in Mailand bei dem damals berühmten Bariton Carlo Belloragazzo Gesang studieren, was bereits als Kind sein großer Traum gewesen war. In diese Zeit fiel auch die Begegnung mit Giacomo Puccini, der - damals bereits todkrank - ihm eine große Karriere voraussagte.

Zunächst mußte sich Console jedoch mit kleineren Rollen begnügen. Er debütierte 1925 in Rimini als Ruiz in Trovatore und sang in den folgenden Jahren Rollen wie Spoletta (Tosca), Graf Lerma (Don Carlos), Goro (Butterfly), Edmondo (Manon Lescaut) und Basilio (Nozze di Figaro). Aber dann kam 1927 der Durchbruch, als er ohne Proben und ohne die Partie auch nur studiert zu haben, in der selten gespielten Oper L'imbecille von Francesco Mezzotalento die komplizierte Titelpartie übernahm.

Von diesem Abend an rissen sich die Opernhäuser um ihn, und nach und nach begann er an den berühmten Häusern der Welt die großen Partien seines Fachs zu singen. Dabei fiel besonders immer wieder das individuell gefärbte Timbre auf, das leidenschaftliche Hineinwerfen in die Rollen sowie sein weitgefächertes Repertoire. Er sang Verdi, die Veristen und unternahm zeitweilig Ausflüge in die Traditionspartien des Belcanto. Aber auch im französischen Fach konnte er reüssieren. Insbesondere seine Inter-pretation des Nadir in den Perlenfischern bekam durch seine persönlichen Erfahrungen eine ungewohnte Authentizität.

An der Scala debütierte er 1932 als Turridu, in London im gleichen Jahr als Alvaro und in Paris im darauffolgenden Jahr als Massenets Des Grieux. In Wien sang er seinen ersten Chenier 1934. Dieses Jahr führte ihn auch erstmalig in die Neue Welt, die ihm eine zweite Heimat werden sollte, da er sich aus politischen Gründen weigerte, nach Italien zurückzukehren. Die Met feierte ihn damals als Riccar-do im Ballo.

Der 2. Weltkrieg überraschte ihn, als er gerade von England mit dem Schiff zu einem Gastspiel nach Bolivien ausgelaufen war. Aufgrund seiner streng antifaschistischen Einstellung blieb er in den USA, wo er jedoch zeitweilig als feindlicher Ausländer behandelt wurde. Vor einer Ausweisung bewahrte ihn die Heirat mit seiner Kollegin, dem italo-amerikanischen Sopran Donna Canale.

Diese Heirat rief Überraschung in der Opernwelt hervor, da sich beide Künstler zuvor bei gemeinsamen Auftritten niemals besonders gut verstanden hatten und mehr als einmal auf der Bühne aneinandergeraten waren. Obwohl Console sich auch nach Kriegsende nicht zu einer dauerhaften Rückkehr nach Italien ent-schließen konnte, war er seiner Heimat doch sehr verbunden, eine Tatsache, die seiner Sängerkarriere tragisch beenden sollte.

Am 31. April 1947 dinierte Console in seinem italienischen Stammlokal, als plötzlich zwei bewaffnete Männer das Restaurant betraten. Sie schossen auf jeder viermal auf Console, der so schwer verletzt wurde, daß er seine Gesangskarriere aufgeben mußte.

Über diesen Anschlag ist viel spekuliert worden. Die offiziellen Stellen ließen verlauten Console sei mit einem Geldeintreiber der Mafia aus Boston verwechselt worden. Allerdings sind niemals die Gerüchte verstummt, daß der Chef der Cosa Nostra Anthony Camorra, selbst ein Hobbybariton und alter Verehrer von Donna Canale, sich über die Dar-bietung von Console als Canio so sehr erregt hatte, daß er seinem Leben ein Ende machen wollte.

Nach einem langen Krankenhausaufenthalt stand Console vor dem Nichts. Körperlich angeschlagen und psychisch am Ende verkroch er sich für mehrere Jahre in einer kleinen Wohnung in Little Italy. Es war Donna Canale, die ihm dazu brachte, einen neuen Weg einzuschlagen. Console wurde Komponist. Aufgrund des Sujets und des lückenhaften Librettos war seine erste, in Mafiamilieu spielende Oper Omèrta nicht sonderlich erfolgreich, aber schon sein zweites Stück, die Antarktis-Oper Südpol machte ihn zu einem reichen Mann.

Nach diesem Erfolg komponierte er nur noch gelegentlich und genoß stattdessen sein Einkommen aus den Tantiemen. Ende der fünfziger Jahre legte er sich einen etwas dekadenten Lebensstil zu, der schließlich auch zu seinem Tod führen sollte. Am 15. Januar 1960 versuchte Luigi Console es den orientalischen Fürsten nachzumachen und eine in Essig aufgelöste Perle zu trinken. Leider handelte es sich bei der Perle um eine Imitation, die sich in Essig nicht auflöste. Console verschluckte sich an der Perle und erstickte im Alter von sechzig Jahren jämmerlich. Auf diese Weise hatte sich der Kreis geschlossen.

In diesem Jahr wäre Console 100 Jahre alt geworden, so daß es verwundert, daß keine Plattenfirma in den Archiven nach zweifellos vorhandenen Aufnahmen dieses außergewöhnlichen Sängers gesucht hat, um sie zu veröffentlichen. Die zahllosen Fans von Luigi Console hätten es sicherlich gedankt. Dr. Carole Thura