"LA SERVA PADRONA" - 15. Oktober 2004

Manchmal kommt man auf ganz ungewöhnliche Weise in eine Vorstellung. Am 14. Oktober 2004 erhielt die Redaktion eine Fan-Mail des Regisseurs der Hochschulproduktion von Pergolesis „La serva padrona“ verbunden mit der Einladung, doch zur Vorstellung zu kommen. Ich gebe zu, ich hätte glatt verpaßt, daß dieses Stück überhaupt irgendwo in Hamburg gespielt wurde ohne diese mail – und das wäre verdammt schade gewesen!

Es ist absolut überflüssig, das fast einschränkungslose Lob mit einem herabwürdigenden „für eine Hochschulproduktion“ zu versehen, denn was geboten wurde, war szenisch und musikalisch spritzig, amüsant und auf außergewöhnlich hohem Niveau dargeboten, bei dem sich auch ein renommiertes Opernhaus nicht hätte verstecken müssen. Regisseur Axel HEIL hat hier großes Talent bewiesen.

Die Bühne ist bis auf zahlreiche Bücher und zwei Stühle leer (Ausstattung: Tine THOMAS). Hinzu kommt noch ein aus Sperrholz gezimmerter stummer Diener (im Programm mit N.N. bezeichnet), der Vespone spielt, und von den beiden Protagonisten entsprechend bewegt wird. Temporeich, aber nicht hektisch und mit einfachsten Mitteln findet das Stück statt, ohne daß eine Sekunde Langeweile aufkommt. Mit einer ausgefeilten, genau durchchoreographierten und hochmusikalischen Personenführung läßt Axel Heil einen Machtkampf der Geschlechter zwischen zwei Personen ablaufen, die eigentlich füreinander bestimmt sind, aber erst zueinander finden müssen.

Ein richtiger Clou ist das Schlußduett, in dem der Regisseur den Ehrgeiz entwickelt zu haben scheint, sämtliche hohlen Operngesten (und es fehlte keine!) in wenigen Minuten zu persiflieren, was ihm virtuos gelingt.

Es wird deutsch gesungen mit einigen moderaten Anpassungen an die moderne Zeit (aus Capitano Tempesta wird Hauptmann Stecher im Leoparden-Tanga, Urberto findet, Serpina sei „noch schlimmer als Mutti“).

Die beiden Sänger sind Glücksgriffe. Als Serpina stellt Maike RASCHKE ein freches, aber ernsthaft in Uberto verliebtes Mädchen dar, die ganz genau weiß, wie sie ihr Ziel erreichen wird. Dabei scheut sie auch den einen oder anderen herberen Ton nicht. Ihre besonderen Meriten hat sie stimmlich dort, wo sie tatsächlich zu ihren Gefühlen stehen darf.

Jan Friedrich EGGERS (Uberto) empfiehlt sich bereits für dramatischere Rollen, so durchgebildet und groß ist die Stimme schon jetzt. Seine widerstreitenden Gefühle gegenüber Serpina werden durch zahlreiche verschiedene Klangfarben der Baßstimme bestens ausgedrückt. Zudem spielt er großartig einen leicht verschusselten, aber nicht unsympathischen Zausel, dem man erst mühsam beibringen muß, wo sein Glück liegt.

Musikalisch geleitet wurde der Abend durch Boris BRINKMANN, der am Klavier auch selbst im Miniorchesterchen (Violinen: Michaela JANKE, Stefanie ACHS, Violoncello: Annika STOLZE) mitspielte, mit Brio und flotten Tempi.

Lediglich das zwischen den beiden Teilen gebotene Video (Jakob KLAFFS) erschien nicht zwingend. Für mich unterbrach es den musikalischen Fluß massiv, und auch der Sinn des Films erschloß sich mir nicht ganz.

Auf jeden Fall sollte man Sänger und Regisseur im Auge behalten, denn es wäre ausgesprochen verwunderlich, wenn von ihnen nicht noch Großes zu erwarten wäre. MK

P.S.: Daß Neugier zu erwecken, ein gutes Mittel ist, die Presse in die Vorstellung zu bekommen, hat der junge Regisseur schon begriffen. Wir haben den Besuch ganz sicher nicht bereut.