Ein Unglück kommt selten allein, und so bescherte mir dieser Opernabend neben dem für seine nach unten offene dynamische Skala bekannte Paolo GAVANELLI auch noch Kristjan JOHANNSSON als Manrico (leider für Giacomini eingesprungen). Daß diese beiden Herren Brüder sind, glaubt man bereits nach den ersten Tönen. Was für eine grausame Laune der Natur muß die Contessa di Luna einstmals heimgesucht haben...

Johannsson brüllte sich gewohnt heiser durch den Abend bekam einige der vorgeschriebenen Töne - vorzugsweise im oberen Bereich, denn die erkennt ja selbst das unkundigste Publikum - und wurde entsprechend gefeiert.

Manricos Rivale, von Gavanelli gesäuselt, wartete mit einer Version von "Il balen" auf , die ich bis dato nicht gehört hatte. Unklar, ob sie statt von Verdi vielleicht eher von seinem späten Epigonen Govalo Lepanila stammt. Schön war es jedenfalls nicht, und auch die restliche Vorstellung blieb der Bariton fernab der Gesangslinie.

Leider blieb Maria GULEGHINA weit unter ihren Möglichkeiten. Leonoras sonst perlende Spitzentöne kratzten. Manches klang heiser und das sonst so wohltuende Temperament der Russin vermißte man.

Das Feuer in Verdis Musik und die Bedrohlichkeit der Handlung konnte somit nur Elisabetta FIORILLO (Azucena) über die Rampe bringen. Singt sie vom Feuertod der Mutter steht dem Zuschauer der Scheiterhaufen bildlich vor dem inneren Auge, und, daß ihre mit stimmlicher Macht geschmetterten Racheschwüre sich erfüllen werden, wird niemand ernsthaft bezweifeln. BRAVA!

Maurizio MURARO war als Ferrando kein Ereignis, aber er sang zuverlässig und sauber. Die Inez von Helena JUNGWIRTH repräsentierte einen gewissen Störfaktor. Eher unauffällig waren dagegen James ANDERSON (Ruiz), Rüdiger TREBES (Zigeuner) und Adam SANCHEZ (Bote).

In München pocht man besonders von Seiten des Publikums auf einen gewissen Starruhm. Im Haus selbst ist aber häufig eine Vernachlässigung der Ensemblekultur zu bemerken. Es sollte nicht der gleiche Fehler wie in Wien begangen werden. Bleiben die Leute mit Namen weg, ist vielleicht nichts repräsentables mehr da.

Repräsentabel ist derzeit auf jeden Fall das BAYERISCHE STAATSORCHESTER unter seinem Chef Zubin MEHTA. Es gab Verdi pur im Graben, sauber und leidenschaftlich musiziert. AHS