"THE FALL OF THE HOUSE OF USHER" - 2. Februar 2006

An der Gruselgeschichte über die Geschwister Usher von Edgar Allan Poe hat sich schon Claude Debussy versucht, konnte aber seine Oper nie vollenden. In den späten 1980ern nahm sich dann der amerikanische Minimalist Philipp Glass der Erzählung an, und er vollendete seine Kammeroper.

Glass' Musik mit ihren kleinteiligen schnell aufeinander folgenden Flächen bilden die Grundstimmung der Geschichte genau ab. Dabei läßt der Komponist der Musik viel Raum. Über weite Strecken wird nicht gesungen, und Madeline hat überhaupt nur Vokalisen, ist nur todkrank oder Schatten der Erinnerung. In typisch Poe'scher Manier prägen Angst und Unheil das Stück über das Haus Usher, in dem die Geschwister Roderick und Madeline als letzte ihrer Familie ihr Dasein fristen; sie rätselhaft krank, und beide in eine merkwürdige, beinahe inzestuöse Beziehung verflochten. Gleich zu Beginn der Oper hört man Rodericks Brief an seinen Schulfreund William, den er bittet zu kommen. William ist schockiert vom Anblick der Hausbewohner, kann aber nicht eingreifen. Die Geschwister sterben, nur William rettet sich in einer schaurigen Nacht aus dem Haus, bevor es zusammenstürzt.

Großes Lob gebührt in dieser Produktion der Regisseurin Sarah SCHLEY. Sie versteht es wunderbar und mit wenigen Mitteln, die Musikpassagen zu bebildern aber darüber die Personen immer im Mittelpunkt des Blickes zu halten. Schon das Haus als schwarzer Giebel aus Stoff, hinter dem auch das Orchester seinen Platz hat (Bühne: Peter SCHULTZE). Da bedarf es dann nur noch weniger Versatzstücke als Möblierung, aber die Bedrohung durch das Gebäude ist innen wie außen präsent, die ganze Zeit, bis die Stoffbahnen am Ende in sich zusammen fallen. Manchmal schaut man durch den Stoff auf das Orchester und "heimliche" Szenen dahinter; sieht dort wie William Dinge, die man nicht sehen sollte. Manchmal ist die Fläche aber auch Leinwand für sorgfältig produzierte Videosequenzen, die eine noch größere Dichte ermöglichen.

Das Make-up der Figuren erinnert an Stummfilme, so die dem Untergang geweihten Hausbewohner mit ihren weiß geschminkten Gesichtern und dunklen Augenringen. Auch andere Stilmittel scheinen dort entlehnt zu sein, wenn z. B. William einen Blick auf das von Roderick gemalte Bild wirft, so sehen wir nur dessen theatralische Reaktion, nicht aber das Bild selbst. Was könnte eindrucksvoller sein. Die Kunst liegt im Verschweigen, in der Phantasie der Zuschauer.

Die Besetzung ist mit großer Genauigkeit am Werk, und wo vielleicht die eine oder andere Stimme an ihre Grenzen stößt, macht das präzise Spiel das alles wieder wett. So begeistern, trotz angesagter Halsprobleme, Martin DANES als William, Ruby HUGHES als Madeline, Conrad HOFER als skurriler Diener, Anton LEISS-HUBER als Roderick und als sprechender Ersatz Produktionsassistent Daniel REINHARD als Arzt.

Die Initiative zu dieser Produktion ging vom neu gegründeten ORCHESTER JAKOBSPLATZ aus, die unter ihrem jungen Dirigenten David GROSSMANN gleich mit diesem ersten Wurf überzeugen konnten. Die Inszenierung ist bereits eine Wiederaufnahme aus dem vergangenen Sommer und findet hoffentlich noch viele Freunde. KS