"MESSA DA REQUIEM" - 6. August 2006

Trotz Theaterferien strömte das Münchener Opernpublikum in die Philharmonie im Gasteig, um Placido DOMINGO als Dirigent zu erleben. Dazu hatte dieser sich Verdis "Messa da Requiem" ausgesucht, ein Spätwerk des Komponisten, das in seiner musikalischen Wiedergabe einer Oper, ja einer Oper für Tote, gleicht. Durch die gleichzeitige Aufzeichnung des Abends auf CD und DVD fühlte man sich eher in einem Event, als in einem würdigen Aufführungsort für solch ein sakrales Werk. Um darauf aufmerksam zu machen (was eigentlich nicht nötig war, man sah es ja) engagierte man Maja Prinzessin von Hohenzollern. Mit Begeisterung kündigte sie die Solisten nebst Dirigenten an, aber anstelle der sehnlichst Erwarteten erschien die erste Geigerin des YOUTH ORCHESTRA OF THE AMERICAS, um den abendlichen Orchesterton vorzugeben.

Nach dieser Panne endlich dann die angekündigten Solisten Cristina GALLARDO-DOMÁS, Fredrika BRILLEMBOURG, Marco BERTI und Ildar ABDRÀZAKOV und last not least der Star des Abends - Placido Domingo, der während seines Dirigats Solisten, Chor und Orchester voll im Griff hatte, Takt für Takt sauber und kompositionsgerecht auslotete, perfekt die Einsätze gab - aber lediglich bei den Choreinsätzen die nötige Dramatik und Angst der Seelen vor Hölle und Fegefeuer zu vermitteln vermochte ("Dies Irae"). Chordirektor Joshard DAUS studierte die EUROPA CHOR AKADEMIE dafür gut ein. Das Youth Orchestra of the Americas, lauter junge hoffnungsvolle Musiker aus Übersee unter der Einstudierung von David ROBERT COLEMAN spielten wohl geübt und in Bestharmonie.

Bei den Solisten glänzten wieder einmal die berühmten Piani der Sopranistin CRISTINA Gallardo-Domás (obwohl das "Libera me" zu schnell interpretiert wurde). Der Tenor Marco Berti sang seinen Part ordentlich und sauber (ausdrucksstark das "Ingemisco"), ebenso die Mezzosopranistin Fredrika Brillembourg, die sich bis zum Schluß enorom steigern konnte und sich als brillante Konzertsängerin auswies. Der Bassist Ildar Abdrazákov sang zwar wunderschön, ihm fehlte aber das nötige Feuer in der Stimme, um die Angst vor Hölle und Fegefeuer auszudrücken ("Mors stupebit...").

Alles in allem doch eine interessante Aufführung, um einen großen Sänger als Dirigent zu erleben. Irene Stenzel