"TOSCA" (konzertant) - 15. April 2006

Mit roter Tapetenwand im Hintergrund, umringt mit Jugendstilmotiven und drei Treppen mit dem gewohnten Rollvorhang "Roma um 1800"im Vordergrund zur Einführung ins Werk - sowie zwei Stühle im 2. Akt ermöglichte die Bayerische Staatsoper dem streikgewohnten Münchner Opernpublikum eine unvergeßliche Aufführung dieses glänzend durchkomponierten veristischen Liebesdramas von Giacomo Puccini. Den Sängern in Abendkleid und Frack wurde dadurch das Agieren ermöglicht, sie konnten ihre Rollen auch mit diesem kargen Hintergrund voll ausleben.

In der Titelpartie hörte man Norma FANTINI, ihr ausdrucksstarker Sopran konnte sich in der Partie der unglücklich liebenden Sängerin voll entfalten, ihr "Vissi d'arte, vissi d'amore" entsprach ganz dem Kompositionsgedanken Puccinis. Ihr zur Seite der für den erkrankten Zoran Todorovich einspringende Fabio ARMILIATO, der den Cavaradossi ganz ordentlich sang und darstellerisch perfekt darbot, ganz mühelos klangen seine Tenorhöhen allerdings nicht.

Wieder einmal - leider viel zu selten und in dieser Spielzeit nur dieses eine mal - konnten wir Lado ATANELI als Scarpia erleben, sensationell verkörperte der georgische Bariton diese Bösewicht-Partie. In der Gestaltung, gerade beim "Te deum" lebte er in Stimme und Gestik die Erwartung einer Luststunde mit Tosca voll aus, und zeigte im 2. Akt deutlich mehr die Verruchtheit und Bösartigkeit dieses römischen Emporkömmlings, der glaubt, damit alles erreichen zu können. Ein Teufel im Frack. Jeder Note vermag er sein eigenes stimmliches baritonales Volumen zu geben. Nach Tito Gobbi dürfte Herr Ataneli wohl der beste Scarpia-Interpret der derzeitigen Opernbühne sein.

Die Leistungen der Hauptprotagonisten riß die übrigen Rollendarsteller voll mit. Alfred KUHN als Mesner zeigte wie immer in dieser Studie voll sein schauspielerisches und stimmliches Können, Steven HUMES (Angelotti), Ulrich RESS (Spoletta), Rüdiger TREBES (Sciarrone), Gerhard AUER (Gefängniswärter) und Francesco PETROZZI (Kurier) fügten sich bestens in dieses Weltklasseensemble ein, die Stimme eines Hirten von Jana KURUCZOVÁ erklang abendgerecht, ebenso rundete sich der 1. Akt mit CHOR UND KINDERCHOR DER BAYERISCHEN STAATSOPER unter Andrés MÁSPERO musikalisch gut ab.

Dirigiert wurde der Abend von Vjekoslav SUTEJ, dem eine sehr gute Abendleistung gelang, ganz dem veristischen Gedanken Puccinis entsprechend. Erfüllt und zufrieden ging man nach Hause.

Trotz den immer wieder erfindungsreichen Einfällen der Bayerischen Staatsoper, einen Streikopernabend zu retten, wünscht man sich endlich ein Ende dieser Misere. Hat denn die Politik nicht endlich ein Einsehen, den so wenig verdienenden Bühnenarbeitern ein wenig mehr Sold zu geben, damit unsere Kulturstadt mit Weltruf nicht gänzlich im Boden versinkt? Irene Stenzel