"IL TURCO IN ITALIA" - 28. November 2014

Und man traf die meisten wieder auf der Bühne - die besten Rossini-Interpreten der Weltbühnen - alle Pesaro erprobt und daher gibt es wohl wenige andere, die die Kompositionen des Belcantokönners Giachino Rossini so meisterhaft interpretieren können.

Dazu konnten sie alle in einer spritzigen Inszenierung von Christoph LOY mit vielen witzigen Regie-Einfällen ihr großes Können zeigen, die von Anfang an durchdacht und ansprechend, zur Freude des Publikums herüber kam. Christoph Loy stellte die Geschichte eines laufend betrogenen Ehemanns (eine Paraderolle für den darstellerisch und stimmlich perfekten Rossini-Bariton Renato GIROLAMI) in die Zeit der fünfziger Jahre auf die Bühne, verlegte die Handlung in eine süditalienische Kleinstadt am Meer, und hatte den glänzenden Regie-Einfall, den einreisenden türkischen Pascha Selim mit seinem Faktotum (in einer stummen Rolle Airton FEUCHTNER-DANTAS) auf einen fliegenden Teppich zu setzen. Im Libretto von Felice Romani sollte es ein Schiff sein, aber diese andere Einreise nach Italien war belustigend und störte keineswegs.

Schon nach der Rossini-gerecht dirigierten Overtüre - musikalische Leitung Paolo ARRIVABENI - in der wieder die vom Komponisten erdachten Bläsersoli herausragten - kamen aus einem Kleinst-Wohnwagen der damaligen Campingmode die CHORSÄNGER heraus, die durch diese humoristische Regie-Idee schon allein für Stimmung sorgten (sehr gute Choreinstudierung von Stellario FAGONE). Das Bühnenbild und die Kostüme von Herbert MURAUER vermittelten diese Zeit der fünfzger Jahre, in der Gott und die Welt nach Italien reiste.

In der Reihenfolge des Programmheftes ist der "Türke" Pascha Selim von Alex ESPOSITO zu erwähnen, der diesen Lieberserfahrung in Italien Suchenden gut stimmlich verkörpern konnte. Antonino SIRAGUSA als der Teenager-Hausfreund der Fiorilla konnte seine Tenorarien Rossini-erprobt zum Publikum bringen, dazu Nikoley BORCHEV als Poet Prosdocimo, der sich für die Handlung des Stücks verantwortlich zeigte, und der selbst mit eingegipsten Gliedern noch äußerst beweglich und quirrlig seine Rolle interpretierte.

Für die Zaida, die verlassene Geliebte des Pascha, war Marzia MARZO eine gute Wahl, beschützt von Petr NEKORANEE in der Kleinstrolle des Albazar. Das Augenmerk in dieser Aufführung ist auf die Interpretation der Fiorilla von Olga PERETYATKO zu richten. Diese Sopranistin der Weltklasse ist gerade für Rossini-Partien ein Gewinn für jedes Opernhaus, ihre höhensicheren piani, die sie gerade in der letzten Arie der Fiorilla, in der diese Reue und Treue ihrem Ehemann gelobt, der sie wegen ihrer notorischen Untreue vor die Tür setzte, zeigen konnte, sind für Belcanto-Opern geradezu prädestiniert. In dieser letzten Arie, die den Übergang von einer opera comique in eine opera seria aufweist, zeigt sie dazu eine ungewöhnliche Ausdrucksstärke. Brava. Man wünscht sich diese Künstlerin in Belcanto-Partien sehr oft an die Bayerische Staatsoper engagiert.

Alle Interpreten zeigten dazu noch eine außergewöhnliche Spielharmonie (zum Schluß des 1. Aktes bei der turbulenten Massenszene), alle waren aufeinander eingespielt. Für Rossini-Kenner und Liebhaber ein unvergeßlicher Belcanto-Abend. I.St.