"FIDELIO" - 3. Januar 2015

Tiroler Festspiele Erl Winter

Leider konnte man von diesem Fidelio in Erl nur die grandiose orchestrale Leistung unter dem Dirigat von Maestro Gustav KUHN mit nach Hause nehmen, der wie, bei "Fidelio"-Interpretationen vor dem Schlußakt üblich, die 3. Leonoren-Ouvertüre zum Höhepunkt des Abends durch präzise Stabführung und Einfühlungsvermögen in Beethovens einzigartiges Opernwerk machen konnte.

Frenetischer Beifall des Publikums dankte ihm und ihm ist weiterhin zu danken, für seine sonst durchdachten Inszenierungen, die er bei diesem Werk leider in die Hand von Alexander POLZIN als Regisseur und Bühnenbilder und von Sommer ULRICKSON als Co-Regisseur legte. Hier kam nichts logisch auf die Bühne, die beiden inszenierten am Libretto vorbei, selbst die Kostüme von Wojciech DZIEDZIE paßten überhaupt nicht zu den Figuren. Man steckte Fidelio in einen Tüllmantel, kleidete Leonore, die sich in der Gefängnisszene umziehen mußte, in ein gelbes Kleid mit blauen Schuhen, und noch dazu Marzelline in ein Tüllkleidchen. Das Gefängnis war ein Totenkopf-artiges Gebilde, das noch einigermaßen zu akzeptieren gewesen wäre, wenn die Personenführung davor und darin nicht ausgesprochen unlogisch erdacht gewesen wäre, und was sollen überhaupt Gefangene in der Zelle des Florestan, wenn Pizzarro diesen umbringen will? Dazu erfand man zu Beginn des Stücks zwei Figuren in einer Art Gauklergewand, die den Vorhang öffneten. Unter weiteren vielen Ungereimtheiten war besonders enttäuschend der Schluß, da die Bühne bei "Wer ein solches Waib errungen, stimm' in unseren Jubel ein" völlig im Dunkeln lag und man einen münzenverteilenden Minister an die Freigelassenen in die Mitte der Bühne stellte und das Hauptpaar Leonore und Florestan bescheiden in den Hintergrund drängte? Diese Inszenierung ist für Kenner dieser Oper eine einzige Enttäuschung.

Dazu kommt, daß man auch für die Besetzung an diesem Abend nicht von einer ganz guten Wahl sprechen kann. Bettina KAMPP als Leonore war offenbar an diesem Abend indisponiert (sie ließ sich aber nicht ansagen) sie hielt "Abscheulicher, wo eilst Du hin" kaum stimmlich bis zum Ende durch, George Vincent HUMPHREY brachte durch sein markantes Stimmtimbre "Gott, welch' Dunkel hier" seine Auftrittsarie etwas verzerrt zum Publikum, Thomas GAZHELI als Pizarro sang ziemlich forciert und überzeichnete seine Figur dadurch sehr.

Einzig Jens WALDIG als Rocco konnte mit sonoren Baß-Tönen mehr überzeugen, ebenso war Paola LEGGERI als Marzelline keine schlechte Wahl. Giorgio VALENTA als Jacquino war zwar stimmlich ausreichend, konnte aber in der Rollengestaltung als junger Gehilfe wenig überzeugen, es stand hier ein Alternder auf der Bühne. Der Minister von Michael KUPFER war stimmlich und darstellerisch perfekt, was vielleicht auch die beiden Regisseure ahnten, da sie ihn wie erwähnt zum Mittelpunkt des Schlußaktes machten. Der CHOR war ausreichend einstudiert.

Man fuhr unbefriedigt nach München zurück und sehnte sich nach den so guten früheren Inszenierungen und Stimmen in Erl unter der immer glücklichen Dirigathand von Gustav Kuhn. ISt