Lateinamerikanische Weihnacht mit FRANCISCO ARAIZA und Folklore-Ensemble Indoamérica

Kirche = Frieden = Einkehr = Sanftmut = Toleranz, oder doch nicht?

Was man hier seitens des Veranstalter geboten hat, kann man wirklich nur unter größtmöglicher Toleranz und höchster Sanftmut beurteilen. Einige Dinge mußte man wohl als gegeben hinnehmen, Kirchen sind nun mal kalt, Faktum. Kirchen sind aber in der heutigen Zeit durch die Technologie auch heizbar. Und zwar in einem Maß, daß der Atem der Sänger nicht mehr sichtbar ist. Kirchen sind keine Spielstätten, aber es kann einiges adaptiert werden. Kirchen haben meistens keine gute Akustik, das kann man prüfen, und wenn sie nicht verbesserbar ist, dann muß man eben auf ein anderes Objekt ausweichen. Keinem einzigen dieser Faktoren wurde angemessen Rechnung getragen, was einerseits eine Mißachtung des zahlenden Publikums ist, anderseits eine ebensolche der Künstler.

Somit wäre ich beim Kern des Abends, der Aufführung, angelangt. Lateinamerikanische Weihnacht, mit dem Höhepunkt der "Misa Criolla" von Ariel Ramirez.

Der erste Teil der "Navidad Nuestra" hat für mich nicht stattgefunden (für zig andere Zuhörer auch nicht), da aufgrund der mangelnden Akustik und der nicht voll ausgebildeten Chorsänger nichts zu hören war. Die Sänger waren auf der gleichen Höhe wie das Publikum, und der produzierte Ton wurde durch die Menschen vor uns vollends absorbiert. Francisco ARAIZA sang ebenfalls einen Part, was immerhin Dank seiner Technik und des Volumens seiner Stimme ganz leise zu hören war.

Dann allerdings war Selbsthilfe angesagt, und ich ging soweit wie möglich nach vorn und nahm einen Stehplatz an der gotischen Säule ein (der teuerste Stehplatz meines Lebens), doch nur ganz wenig entfernt von der "Bühne", somit war der Abend noch gerettet ,denn die schönsten Dinge des Abends konnte ich noch einigermaßen genießen.

"Navidad en Verano", Weihnachten im Sommer, ein mir nicht unbekanntes Lied, aber so exquisit und eindrucksvoll vorgetragen wie von Francisco Araiza habe ich es noch nie gehört. Dieser Strom an Piani und der wunderbare Ausdruck, dem Ort angelehnt, himmlisches Entzücken! Weiters gab es Weihnachtslieder a cappella, die vom Chor ordentlich vorgetragen wurden, aber die Kraft war nicht ausreichend, um zu beeindrucken.

Der Abschluß und Höhepunkt "Misa Criolla" nicht in Orchesterbegleitung, sondern mit einfachen Instrumenten, wie sie die Bevölkerung Lateinamerikas benützt, die nicht volle Klangfarbe entwickelten, aber eine andere, sehr natürliche Atmosphäre verströmten. Francisco Araiza übernahm den Solopart, und es war perfekt, was da an Sangeskunst geboten wurde, und dieses Erlebnis, nur dieses, wird noch lange nachhallen. Es sind lediglich die Nebeneffekte, die einen bitteren Beigeschmack verbreiteten.

Trotz der Kälte gab es Zugaben. Herr Araiza sang zuerst ein deutsches Weihnachtslied, dessen Titel ich nicht nennen kann, dann gab der Chor noch eine Zugabe und wieder Francisco Araiza zuerst mit "Panis Angelicus" und dann neuerlich mit dem "Sanctus" aus der "Misa".

Ein schöner Abschluß. Das Publikum war natürlich von dieser Leistung begeistert und dankte mit stürmischen Applaus. Ein spezieller Dank an Francisco Araiza, der mit seinem vollen Einsatz unter keineswegs guten Voraussetzungen den Abend rettete. EH