Ganz außerhalb meinen Planungen ergab sich der Besuch dieser Vorstellung, die mir einerseits durchaus Freude bereitet hat, andererseits wieder einmal gezeigt hat, wie absurd sich Inszenierungen darstellen, die man in die heutige Zeit überträgt, ohne aber den Text anzupassen. Eine gräßliche Bar der 50iger Jahre, kitschige Räume und Häuser aus eben dieser Zeit . Was soll das? Wir sollen doch in eine etwas irreale Welt des Träumers Sir John entführt werden, statt dessen ist Brutalität angesagt.

Wo findet man den Ritter, Träumer , Sir John Falstaff? Auf dieser Bühne nicht, ein primitiver Trunkenbold tritt einem entgegen. Hätte nicht der Einspringer des Abends Mario DI MARCO als Falstaff die Rolle trotz allen Unbill durch Szenerie und Umgebung nicht so vorbildlich ausgefüllt, man hätte die Vorstellung frühzeitig verlassen müssen. Herr di Marco war zwar anfänglich schon von einer gewissen Nervosität geprägt - als Einspringer von einem Tag zum anderen durchaus verständlich - und hat diese erst im 2. Akt vollends abgelegt. Es war aber von Anbeginn an ersichtlich, daß er die Rolle vokal voll beherrscht und es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis er sich gänzlich einfügen und anpassen kann.

Herr di Marco sang stets mit richtigen Krafteinsatz, und die Stimme klang voll , aber nie forciert. Sehr gefiel mir auch die Wortdeutlichkeit und die Hinwendung zum Text, mit welcher der Sänger die Rolle gestaltete. Und meine spezielle Hochachtung für seinen Auftritt in der Szene mit Mrs.Ford als man ihn in einem minikurzen, gelb karierten Kilt und nackten Beinen auf Eroberungstour schickte, und er konnte diese Peinlichkeit des Kostümbildners mit Charme überspielen.

Alle anderen Interpreten konnten nicht mithalten. Mrs. Quickly Jitka Sapara FISCHEROVA zeichnete sich besonders durch Unverständlichkeit aus, und die Stimme für eine Mrs. Quicky ist nicht reif genug. Mrs. Ford (Althea Maria PAPOULIAS) und Mrs. Page (Karine OHANYAN) machten stimmlich besseren Eindruck, aber nachhaltig wird er nicht bleiben.

Ich hatte bislang keine "Falstaff"-Aufführung erlebt bei der Mr. Ford und Fenton nach ihren Arien nicht zumindest eine Achtungsapplaus erhalten hätten. Das Schweigen war eisig. Mr. Ford (Vladimir STOYANOV) hat ein durchaus gefälliges Timbre, weiß aber damit nicht umzugehen, und versteht es auch nicht, den Text richtig zu phrasieren, um entsprechende Wirkung zu erzielen. Fenton (Dario SCHMUNK) sang mit seinen leichten Tenor auch wenig animiert; es war die Liebe der Nanetta zumindest schwer verständlich. Nanetta (Arena BOGDAN) war von der Technik akzetapbel, aber die Stimme klang leider schrill und ungefällig für das liebliche Mädchen.

Die Saufkumpane Bardolfo (Stephen CHAUNDY) und Pistola (Noe COLIN) sowie Dr. Cajus (Ernst Dieter SUTTHEIMER) waren bemüht.

Dirigiert wurde das Orchester der Volksoper von Alfred ESCHWÈ in sehr flottem, teilweise zu flottem Tempo, dem die Sänger nicht immer ganz folgen konnte. EH