"UN BALLO IN MASCHERA" - 11. November 2002

Es wäre wohl besser, wenn man diesen Abend als einen mißratenen Karnevalsscherz abtun und vergessen könnte, denn wirklich erinnerungswürdiges gab es kaum. Die Inszenierung von Gianfranco DE BOSIO ist konventionell und unauffällig, die Chor- und Statistenführung im Finale ist allerdings an der Grenze zur Peinlichkeit. Es wäre schön gewesen, wenn man sich hier entschieden hätte, ob es eine wilde Party oder ein Ballettvergnügen werden sollte. Das Bühnenbild von Emannuele LUZZATI im Stil von Theaterkulissen aus dem achtzehnten Jahrhundert könnte eine Auffrischung vertragen; da wirkt einiges schon arg verstaubt. Die Kostüme von Santuzza CALÌ sind passend, was sich mir allerdings nicht erschloß, ist die Frage, warum der Chor mit Puderperücken herumlaufen muß, während die Solisten größtenteils davon befreit sind.

Am besten von den Solisten schlug sich noch Lado ATANELI als Renato. Wirkte er in den ersten beiden Akten noch uninspiriert, fand er im dritten Akt zu seiner gewohnten Form. Ihm schien es an wirklichen Partnern auf der Bühne zu fehlen, so daß er sich darauf konzentrierte, seine große, schöne, gut geführte Stimme vorzuführen. Auf akzeptablen Niveau war auch noch die Ulrica von Nadia KRASTEVA, der es allerdings an Dämonie und Ausstrahlung fehlte. Es sind alle Töne da, aber es scheint, als käme diese Partie in einem Haus von der Größe der Staatsoper ein wenig früh.

Immerhin solide waren die beiden Verschwörer Janusz MONARCHA und Goran SIMIC, wobei nicht unerwähnt bleiben sollte, daß sie besser anfingen als sie aufhörten. Ebenfalls auf ordentlichem Niveau war der Christiano Markus NIEMINEN. Ileana TONCA als Oscar hatte zwar die Töne der Partie, war jedoch mit einem höchst unattraktiven Timbre geschlagen. Die Art des Singens erinnerte zeitweilig an eine schlechte Operettensoubrette.

Ines SALAZAR bot als Amelia in der Höhe sehr unschöne schrille Töne und ansonsten auch wenig ansprechendes. In ihren besseren Szenen fiel sie nicht weiter auf, in den meisten ließ sie nicht nur uns, sondern auch unsere Umgebung schmerzerfüllt ständig zusammenzucken. Darstellerisch war sie bestenfalls unbeteiligt.

Den Abend endgültig vergessenswert machte Neil SHICOFF als Gustavo. Da stimmte gar nichts. Die Phrasierung war schlampig, gerade im ersten Akt war er permanent zu tief und sein unvermitteltes Wechseln von Tempi trieb den Dirigent mehr als einmal zu verzweifelten Rettungstaten, damit Graben und Bühne halbwegs zusammenblieben. Die Arie im dritten Akt war immerhin in Ordnung, aber diese Partie besteht keineswegs nur aus dieser einen Arie. Zudem ging es danach genauso wie in den ersten zwei Akten weiter. Auch die vielgerühmte darstellerische Präsenz des Sängers war nicht vorhanden; oder sollte damit das Zusammenkauern in Embryo-Stellung in der Sterbeszene gemeint sein, nachdem Renato ihn in den Rücken gestochen hatte, Shicoff sich allerdings in der Leistengegend verwundet meinte?

ORCHESTER und CHOR DER WIENER STAATSOPER klangen unsicher und leisteten sich Patzer in allen Gruppen, so daß man sich fragt, ob man wegen dieser Ensembles tatsächlich tausend Kilometer reisen muß. Auf dem Niveau kann man das Stück auch zu Hause gespielt hören.

Marcello VIOTTI am Pult mühte sich redlich, mit den Sängern zu atmen, was ihm meistens auch gelang. Gegen die ständigen Tempiwechsel des Tenors war aber auch er machtlos. Im "Eri tu" hätte er den Bariton etwas mehr Leine lassen können, denn ansonsten stellte er sich vorbildlich auf die Intentionen der Sänger ein. MK