"BENVENUTO CELLINI " - 19. August 2003

Am 19. August gab es eine konzertante Aufführung dieser etwas glücklosen Berlioz-Oper im Wiener Konzerthaus.

Glücklos, denn bereits die Uraufführung war kein Erfolg und brachte es lediglich auf drei Vorstellungen.

Glücklos auch, weil auch diese konzertante Aufführung unter der Stabführung von Sir Roger NORRINGTON nicht dazu beitragen konnte, reges Interesse zu wecken. Hier lag aber einzig und allein die Schuld beim Dirigenten. Voll darauf konzentriert, einen orchestralen Rausch zu produzieren, vergaß er völlig, auf die Sänger zu achten und die schönen sanften Passagen des Werkes auch zu berücksichtigen. Eine totale Fehlentscheidung war es auf jeden Fall, die Sänger nach dem großen ORCHESTER und vor dem CHOR zu placieren. Das führte zu einem beinahe aussichtslose Kampf. Selbst das Orchester zeigte gegen Ende der Vorstellung Ermüdungserscheinungen ob des rasanten Tempos und der konstanten hohen Lautstärke.

Meinen positiven Gesamteindruck von der Musik, die ich vorher nur teilweise kannte, konnte Roger Norrington trotz seiner Interpretation, nicht zu Nichte machen. Das Werk ist sicher schwer auf die Bühne zu bringen, denn es bedarf zumindest zweier sehr stabiler Sänger (Tenor und Sopran), und so gesehen kann man natürlich verstehen, daß sich die Opernbühnen scheuen, das Werk umzusetzen. Für eine Premierenstaffel mag man ja noch solche Sänger finden, aber bei Reprisen, Zweit oder Drittbesetzungen schaut es schon schlecht aus, ich glaube auch deshalb, weil sich kaum ein Tenor diese Partie „antun“ will.

So gesehen muß man die Leistung von Bruce FORD (Cellini) doppelt hoch anrechnen. Er sang mit sehr viel Engagement und war bemüht, die Hürden der Partie locker zu nehmen, aber immer gelang es nicht, und die Stimme bracht dann und wann weg. Laura CLAYCOMB als Teresa erging es nicht viel besser, obwohl ihr Sopran schon eine Spur mehr Durchschlagskraft besitzt als die Stimme des Tenors.

Auch alle dunklen Stimmen konnten sich nicht gegen die Kraft des Orchesters durchsetzen. Franz HAWLATA als Balducci war kaum zu hören , erst der wesentlich stimmkräftigere Ralf LUKAS zeigte in der kurzen Rolle des Kardinals, daß man gehört werden kann. Und einen Name , den man sich auf jeden Fall merken sollte: Christopher MALTMAN, der einen gefälligen, kräftigen baritonalen Klang mitbringt, die Stimme gut einsetzen kann und der Rolle des Fieramosca auch Charakter einhauchen konnte.

Meiner bescheidenen Meinung nach wäre es das Stück wohl wert, auf die Bühne gebracht zu werden. Es werden oft viel weniger interessante Werke aufgeführt (um einem Star zu huldigen) und der zweite Akt mit der Karnevalsszene bringt sicher viel Spielraum für Optik und Inszenierung. Berücksichtigt man, daß heuer der 200. Geburtstag von Hector Berlioz gefeiert wird, dann ist diese Aufführung kein großartiges Geburtstaggeschenk gewesen.

Zieht man Resümee, dann muß man den Sängern bei aller Einschränkung danken und Lob aussprechen, ebenso dem RUNDFUNKCHOR LEIPZIG. Dem Dirigenten mit seiner unglücklichen Idee der Sängerplacierung möchte ich eine Zitrone überreichen. Sir Roger Norrington werde ich als Operndirigenten tunlichst meiden. EH