"HERODIADE" - 19. September 2003

Obzwar nicht in direktem Zusammenhang mit „Herodiade“ stehend, muß man Wunder doch erwähnen. Über Jahre hinweg, gab es für die Opernbesucher nur ein teures Programm. Dann konnte bei der Direktion durchgesetzt werden, daß Abendzettel zum Verkauf gelangten (zum etwas überhöhten Preis von ÖS 12,-- seinerzeit, bei Einführung des Euro kostete dieser dann € 1,30, und seit Beginn dieser Saison fiel der Preis auf vernünftige € 0,90.(weil es viele Beschwerden darüber gegeben hatte… und der Herr Direktor hört auf sein Publikum, durfte ich vernehmen) WENN DAS KEIN WUNDER IST, WAS DANN???

Nun zu der Aufführung selbst :

Sieht man davon ab, daß es schon im Vorfeld zu einer Umbesetzung der Salome gekommen ist (Carol Vaness mußte absagen und wurde durch Barbara HAVEMAN ersetzt ) war die Besetzung sehr attraktiv. Vor allem José CURA als Jean lockte die weiblichen Fans in die Oper, und er ließ keine Wünsche offen. Seine metallische Stimme paßt , seine Optik passt ebenso, und in der Darstellung liefert er verlangtes Ungestüm. Er war der Favorit , aber die junge Barbara Haveman stand ihm kaum nach. Die Stimme ist voll und schön, der Gesangstil sehr ausgefeilt, und in die Inszenierung hat sie sich sehr gut eingefügt. Ein neues Gesicht, ein neuer Name und vor allem eine neue Stimme, die man sich merken sollte.

Von der beiden großen etablierten Sängern Agnes BALTSA und Ferruccio FURLANETTO gab es schon Vorgaben von den ersten Staffeln dieser selten gespielten Oper aus dem Jahr 1998. Ferruccio Furlanetto hat durchaus an Stimmkraft dazu gewonnen, die sonst von mir sehr verehrte Frau Baltsa ist leider etwas schmaler in den Höhen geworden, aber ihre Ausstrahlung und Intensität in der Darstellung sind ungebrochen stark.

Leider gab es auch Schwachpunkte. Ein kleiner davon war der französische Bariton Philippe ROUILLON, dem es an stimmlicher und optischer Strahlkraft mangelte, der aber als einziger Französisch als Muttersprache hatte und so mit einer guten Diktion aufwarten konnte.

Der wesentlich größere Schwachpunkt war Jun MÄRKL am Dirigentenpult. Er verstand es zwar, dem ORCHESTER schöne Farben zu entlocken, aber das kam nur zu Geltung, wenn es nicht mit Gesang gepaart war. Für die Sänger war er kein guter Mittler. Es ging ihm zu sehr um Orchesterklang, aber nicht um Harmonie zwischen Gesang und Instrumenten. Für die Sänger war unnötiges Forcieren die Folge.

Die Inszenierung, die im Vorfeld der Premiere seinerzeit einen Skandal ahnen ließ, hat sich ein wenig abgenützt, ist aber mit ihrer Farbenpracht und Farbenharmonie eine wahre optische Freude. Daß man nie ohne irgendwelche Albernheiten auskommt, daran ist man als leidgeprüfter Opernbesucher ja gewöhnt. Es hält sich aber in Grenzen, und so kann man eigentlich sagen, daß der Abend weit über dem Durchschnitt lag (und mit dem ist man schon manchmal sehr zufrieden). EH