"LA FAVORITE" - 2. Februar 2004

Eigentlich waren fast alle Rollen neu besetzt, und ich ging auch mit größten Erwartungen in die Vorstellung. Leider wurden diese kaum erfüllt.

Luciana D’INTINO als Léonor hat Belcanto in der Kehle, aber eine subtile Interpretation der Rolle kam von ihr nicht. Die große Arie „Oh, mon Fernand“ und auch das Duett mit Alphonse entsprachen dem, was man sich so an Schöngesang erwartete. Eine berauschende Liebhaberin stellte sie aber nicht auf die Bühne. Auch spielte sie eher verhalten.

Manuel LANZA als Alphonse harmoniert mit seinem angenehmen Timbre wunderbar mit Luciana D’Intino. Er singt sehr klangschön, vor allem seine Pianokultur ist wirklich erwähnenswert. Aber auch er vermag nicht große Leidenschaft in die Rolle zu legen. Dabei sollten doch eigentlich drei leidenschaftliche Interpreten auf der Bühne stehen.

Der Sänger, der mich aber wirklich enttäuschte, war Ramon VARGAS als Fernand. Ramon Vargas ist eigentlich bekannt für brillanten stimmlichen Ausdruck, feinen, subtilen Gesang (ich erinnere mich an einen herrlichen Edgardo). An dem Abend konnte ich davon jedoch nicht allzu viel erkennen. Mit der ersten Arie erregte er keine besondere Aufmerksamkeit, zumal die Stimme fahl klang, und er auch mit den Höhen etwas zu kämpfen hatte. Bei „Ange si pure“ war dann wieder ein gewisser stimmlicher Glanz vorhanden, aber der Ausdruck war nicht betörend. Auch im Duett mit seiner Leonor im letzten Bild konnte man kein besonderes Gefühl spüren. Alles in allem sicher nicht der schlechteste Interpret in der Rolle, aber auch leider nicht das erwartete Glanzlicht. (Eine nach der Aufführung gekaufte CD – siehe Aufnahmen – legt ein viel besseres Zeugnis der Qualitäten des Sängers ab.)

Der Abt wurde sehr stimmgewaltig und würdevoll von Dan Paul DIMITRESCU gesungen, Don Gaspar von dem jungen Cosmin IFRIM, der sich mehr und mehr bewährt. Auch nach der dritten Aufführung, die ich nun erlebte, scheint mir Genia KÜHMEIER als Inés, jene Interpretin zu sein, die eine absolut harmonische Leistung auf die Bühne bringt.

Vjekoslav SUTEJ ist nicht der ideale Donizetti-Interpret, zu grob, zu laut, zu wenig auf die Sänger ausgerichtet. Vermutlich kam die unebene Gesangslinie durch den Dirigenten. Schade, denn ich hatte auch schon schöne Aufführungen gehört.

Abschließend sei noch erwähnt, daß das Bühnenbild auch nicht gewinnt, wenn man dessen öfters ansichtig wird, sondern gewisse Dinge immer mehr in Frage stellt (Thomas GRUBER). Und von einer Personenführung konnte man natürlich in dieser völlig neuen Besetzung auch nichts mehr finden. EH