„Il BARBIERE DI SIVIGLIA" - 9. Oktober 2004

Alt gemixt mit neu ergab einen wohlgefälligen Opernabend. Außerdem saß an dem Abend eine Besetzung der PHILHARMONIKER erster Güte im Orchestergraben. Sehr oft merkt man schon nach der ersten Takten, in welcher Verfassung das Orchester ist, und der Abend bewies schon in der Ouvertüre optimale Qualität und Schwung. Die Streicher produzierten sphärischen Wohlklang wie schon lange nicht. Stefan SOLTESZ, der musikalische Leiter des Abends, nützte diese gute Disposition für ein schwungvolles und differenziertes Dirigat.

Das kam auch den Wien- bzw. Rollendebütanten sehr zu gute. Die gebürtige Rumänin Carmen OPRISANU debütierte in Wien als Rosina. Eine optisch gefällige Sängerin, die mit ihrem fülligen Mezzo und stimmlicher Ausgewogenheit überzeugte. Daneben konnte man auch mit der Rollengestaltung und der Textdeutlichkeit sehr zufrieden sein. Meine Eindrücke von Pesaro wurden voll bestätigt.

Als Figaro konnte man den Prachtbariton aus Amerika Dwayne CROFT erleben mit seinem Rollendebüt in Wien. Stimmlich blieben keine Wünsche offen, seine kräftige und doch sehr bewegliche Stimme konnte Dwayne Croft bestens einsetzen. Allerdings ein „Faktotum“ ist er weniger. Ich gehe davon aus, daß ein gerüttelt Maß an Unsicherheit in der Darstellung Nervosität war. Statische Darstellung ist aber gegenüber stimmlichen Mankos das geringere Übel.

Als Graf Almaviva erlebte ich zum zweiten Mal den jungen Tenor Antonino SIRAGUSA. Seine leichte Stimme ist prädestiniert für Rossini, die Koloraturen perlen und die Höhen sitzen einwandfrei. Sehr gut angekommen ist seine Improvisation beim Ständchen, wo er eine Strophe im Flamencostil sang, um dann wieder in dem originalen Rossinistil zu beenden. In der Rollengestaltung hat er sich ebenfalls gut bewährt.

Den richtigen Schwung in die Aufführung brachten aber zwei Wiener Haussänger Kurt RYDL als Basilio und Alfred SRAMEK als Dr. Bartolo. Alfred Sramek ist ja abonniert als Bartolo, und es besteht auch keinerlei Grund auf teure, externe Kräfte zuzugreifen, wenn man im Hause so einen Sänger zur Verfügung hat. Stimmliche Kraft ist vorhanden und wird adäquat eingesetzt, und seine Spielfreude ist ungebrochen. Ist dann noch ein ebenbürtiger Komödiant wie Kurt Rydl zur Seite, dann können die Lacher nicht ausbleiben, und die Stimmung kommt echt in Schwung, selbst bei den vielen japanischen Besuchern. Das heißt aber nicht, daß die Qualitäten von Kurt Rydl nur im Klamauk liegen, die Verleumdungsarie hatte ich schon seit langem nicht so differenziert und doch stimmgewaltig gehört.

In kleineren Rollen ergänzte die ebenfalls debütierende Asa ELMGREN als Berta ebenso wie Peter KÖVES als Fiorello bestens.

Eine qualitativ hohe Repertoirevorstellung, eine Qualitätsstufe, die man gerne täglich erfahren möchte. Viel Applaus gab es demgemäß für die Sänger und auch den Dirigenten. EH