„DON CARLOS“ - 19. Juni 2005

Debüts, neue Sänger, waren an diesem und den vorangegangenen Abenden dieser Serie von „Don Carlo“ (italienische vieraktige Version) zu hören. Es lief aber nicht rund.

Philippe JORDAN, der sympathische und sehr talentierte junge Dirigent, hatte an dem Abend viel Mühe, die einzelnen Gruppen im Orchester zusammen zu führen, was nach ca. einer halbe Stunden der Fall war, und dann begann der Abend, musikalisch an Körper zu gewinnen. Es war sehr schade, denn dadurch war Zeit verloren gegangen. Die Mißtöne, die es gegeben hatte, hätten sicher vermieden werden können, wenn es auch für Repertoirevorstellungen Proben geben könnte.

Gesanglich gab es Highlights, aber auch wenig erfreuliches:

Johan BOTHA ist ein stimmlicher Pracht-Don Carlo. Die Höhen lupenrein und wunderbar geführte Linie, bestes Legato, herrliche Piani. Seine Darstellung ist aufgrund seiner Leibesfülle etwas statisch, aber ich persönlich kann besser mit wenig Darstellung als mit wenig Stimme und stimmlichem Ausdruck umgehen. Rodrigo Marquese di Posa war Dmitri HVOROSTOVKY, ebenfalls eine Prachtstimme stellenweise gut im Ausdruck. Den draufgängerischen Helden glaubt man ihm, aber das innige Gefühl und die Freundschaft zu Carlo hat nicht den totalen Durchbruch gehabt.

Miriam GAUCI ist sehr reserviert und unterkühlt als Elisabeth. Die Stimme ist sehr gut geführt, bringt Piani, nur große Emotionen brechen nicht durch. Marianne CORNETTI war eine höchst statische Eboli, die gesangliche Interpretation dazu mehr als emotionslos. Die Stimme ist zwar gut tragfähig, aber nachdem die Sängerin keine Gefühle zeigen kann, ist von einer Rollengestaltung nichts zu spüren.

Paata BURCHULADZE zeigt wuchtige stimmliche Ausbrüche, aber das macht noch keinen König, den man respektiert. Und der liebende Mann kann auch nicht glaubhaft gemacht werden, er blieb wenig berührend. Und wer glaubt, daß der Großinquisitor eigentlich Furcht einflössen soll, der hat Stefan KOCAN noch nicht gehört: Ein sanfter Auftritt und auch kein starker Abgang.

In weiteren Rollen: Ileana TONCA (Tebaldo), Markus NIEMINEN (Lerma und Herold), INNA LOS (Stimme vom Himmel), Ain ANGER (Mönch), alle in guter Verfassung.

Der Abend war somit nur marginal erfreulich. Wenn von fünf Rollen lediglich eine wirklich gut besetzt ist, so ist ein passabler Durchschnitt nicht gegeben. „Don Carlo“ in allen Rollen gleich gut besetzt zu bekommen, ist ein Glücksfall, der leider nur alle zehn Jahre einmal stattfindet. Dazwischen muß man sich bescheiden. EH