"LES PECHEURS DES PERLES" - 19. November 2014

Mit dieser so selten gespielten Erstkomposition von Georges Bizet zeigte das Theater an der Wien durch seine Regisseurin Lotte DE BEER eine momentan befremdliche, später aber - nach einigem Nachdenken - verständliche und librettogerechte (Michel Carré und Eugène Cormon) Inszenierung auf. Schon beim Eintritt in den Zuschauerraum wurde man in das Leben der Perlenfischer Ceylons, auf der Bühne durch Statisten dargetellt, entführt, denen bei Beginn der Oper durch ein Fernsehteam ihre Hütten abgekauft und niedergerissen wurden, um dem Fernsehpublikum (dem Chor in verschiedenen häuslichen Szenen im Hintergrund der Bühne) das Handlungsgeschehen im Wege eines Livedrehs mit Sängerschauspieler nahe zu bringen. Diese Inszenierungs-Idee der Regisseurin Lotte de Beer stellt nicht nur eine Herausforderung an die Darsteller dar, sondern auch an das Publikum, das sich erst nach der Pause mit diesem Gedanken auseinanderzusetzen vermag, vor allen Dingen lenkte das sog. "Familienleben" der Chorprotagonisten im Hintergrund sehr von der Musik ab, die ja letztendlich das Wichtigste an einer gerade so selten gespielten Oper für das Publikum ist.

Das Bühnenbild (Marouscha LEVY) und Kostüme (Jorine VAN BEEK) allerdings waren durchdacht und ansprechend, ersteres entführte das Publikum in das Mileu der ceylonesischen Perlenfischer, während die Kostüme sich modern gehalten hier gut selbst bei den religiösen Riten anpassen ließen.

Sehr gut gelang die Personenführung, die Szenen am Set des Fernsehteams zeigten die Realität von Dreharbeiten sehr gut auf, vor allen Dingen war von Anfang an Nourabad, selbstverliebt und stumm artikulierend mit einem Mikrophon als Hohepriester des Fernsehens und als Moderator äußerst present und beweglich auf der Bühne , dargestellt von Nicolas TESTÉ, der seinen wohlklingenden Baß erst im 2. Akt erklingen lassen konnte.

Von den weiteren Hauptprotagonisten glänzte - wie könnte es anders sein - Diana DAMRAU, deren Stimme fülliger erschien, und die nicht nur sängerisch sondern auch darstellerisch alle Erwartungen des Publikums erfüllen konnte, besonders im Duett des 3. Aktes mit Zurga (Nathan Gunn) konnte sie ihre Ablehnung des sie Begehrenden bestens herausarbeiten. Nathan GUNN, als lyrischer Bariton angekündigt, sang seine Rolle mit gutem Darstellungsvermögen und kräftiger Baritonstimme. Leider erklang das berühmte und immer wieder gespielte und bei vielen Konzerten geforderte Freundschaftsduett mit Nadir im 1. Akt musikalisch nicht im Einklang der Stimmen - sehr schade. Dimitry KORCHAK als Nadir war eine geglückte Tenorbesetzung, höhensicher und darstellerisch perfekt waren seine Szenen, gerade die Liebeszenen mit Leila konnte er bestens herausarbeiten.

Das Fernsehteam in stummen Rollen waren angefangen mit Andreas ZIMMERMANN als Regisseur bis hin zur Crew hervorragende Statisten und waren in den ihnen zugedachten Rollen voll zu Hause. Die Tänzerinnen Helen ASCHAUER, Eva MÜLLER und Sandra SINGH in verschiedenen Rollen - auch als Perlen in den Riesenmuscheln - fügten sich sehr gut in die Inszenierung ein, auch Einheimische von Ceylon, teilweise auch in merkwürdigen Röcken und Masken, kamen damit gut zu recht.

Das RADIO-SYMPHONIEORCHESTER WIEN unter der Stabführung von Jean-Christophe SPINOSI brachte Bizets Erstlingswerk sehr gut zum Publikum, nur hatte man leider den Eindruck, daß durch das Bühnengeschehen sich das Opernpublikum nicht ausreichend auf die Musik konzentieren konnte. Der ARNOLD SCHÖNBERG CHOR unter der Leitung von Erwin ORTNER war bestens einstudiert und lieferte nebst den Statisten des Theaters an der Wien eine nicht nur gesanglich, sondern auch perfekte darstellerische Leistung ab. I.St.