„TOSCA" - 27. April 2003

IWegen der Inszenierung von Gilbert DEFLO war wohl niemand im Theater. Die ist nämlich eher konventionell und ohne besondere Einsichten.

Aber wenn Neil SHICOFF den Cavaradossi singt, ist das immer einen Gang in die Oper wert. So auch an diesem Abend. Herr Shicoff tritt nicht nur auf, sondern scheint in besonderer Spiellaune zu sein. Er flirtet, lächelt und genießt den Abend sichtlich. So sehr, dass er seine Arien mit so großer Kraft in den Saal schleudert, dass weniger beinahe mehr wäre. Egal, bei so viel Charisma und dieser Stimme, bei der man sich jedesmal fragt, welche Verzierung er bei „E lucevan le stelle“ diesmal machen wird, ist der Abend ein Vergnügen.

Nicht zu vernachlässigen ist dabei natürlich trotz alledem die Titelheldin. Mit Norma FANTINI hat Shicoff eine Tosca an seiner Seite, die mehr junges Mädchen mit gesundem Selbstvertrauen als große Diva ist. Stimmlich gehen die beiden gut zusammen und Toscas Zurückhaltung, die soweit geht, daß sie sich nach „Vissi d’arte“ verschämt die Hände vors Gesicht schlägt, entspricht vielleicht nicht ganz der Rolle, ist aber hier durchaus stimmig.

Der feiste Scarpia von Juan PONS macht das Dreieck komplett. Nur den Messner (Jozseff DENE) hätte man sich kauziger gewünscht, als diesen etwas gelangweilten Baß.

Nello SANTI dirigiert die Oper wohl mittlerweile im Schlaf, aber keineswegs verschlafen. Er begleitet die Sänger mit viel Gefühl fürs Detail. Wenn am Ende Tosca sich, ganz moderne Frau, erschießt, geht ein genussvoller Abend zuende, dem auch die Inszenierung so gar nichts anhaben konnte. Kerstin Schröder